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Schluß.
Über Leute, die jedem auf die Nerven fallen.

Dieses „angenehme“ Genre von Menschen ist gar nicht so selten. Man trifft sie überall: in der Straßenbahn, in der Eisenbahn, im Theater, in Gesellschaft. Sie fallen einem stets auf – natürlich unangenehm! Mehr noch – sie fallen einem auf die Nerven!

Da ist zunächst ein Typ: die alles wissen, bei allem dabei gewesen sind, alles haben! – Männer und Frauen teilen sich etwa gleichmäßig in den traurigen Ruhm, zu diesem Typ zu gehören. Wenn es sich um das handelt, was man „sich mit etwas brüsten“ nennt, hat die holde Weiblichkeit sogar bedeutend das Übergewicht.

Erzählt Frau Meier, sie habe sich eine Kristallschale gekauft, so beginnt der „Typ“, Frau Müller, sofort von ihren echten Kristallsachen zu sprechen, von deren Preisen, von der Anzahl, – daß nur sie Karaffen mit echtem „Silberschliff“ habe, die jetzt gar nicht mehr erhältlich wären. Auf die Zuhörer macht eine solche stets mit Stentorstimme vorgetragene Aufzählung der eigenen Wertgegenstände immer einen teils peinlichen, teils erheiternden Eindruck. Jeder merkt: die Müller „protzt“!

Dann spricht Herr Schulze über die letzte Wagner-Vorstellung in der Staatsoper. Natürlich war Frau Müller auch dabei. Oft ist das eine glatte Lüge. Aber – solche Leute können nicht anders: sie müssen sich vordrängen! So auch jetzt. Frau Müller reißt herunter, was Herr Schulze gelobt hat, beginnt dann von der Münchener Staatsoper zu erzählen. Jeder fühlt: sie tut es nur, damit sie mit der letzten Reise nach Oberbayern

Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Wie benehme ich mich?. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wie_benehme_ich_mich.pdf/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)