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Graf kam, übergab er ihm seine Tochter. Halte sie gut! sprach er leise, und wollte die Burg wieder verlassen. Der Graf hielt ihn; allein er schüttelte schweigend[WS 1] den Kopf. Der Graf beschwor ihn, zu bleiben; er bot ihm alle Hülfe an; er versprach, ihn bis zu seinem letzten Athemzuge zu beschützen; er stellte ihm die Verwendung der Reichsfürsten, die Begnadigung des Kaysers vor.

Allein der Burggraf war nicht zu bewegen. Ich kann nicht! sprach er; in meiner Brust ist keine Gnade; was hilft mir die Gnade der Menschen!

Still verließ er die Burg und kehrte in die stürmende Nacht zurück. Man hat ihn nie wieder gesehen. Alte Chroniken behaupten, er sey über die Weser gegangen, und habe bey dem Grafen von Grubenhagen Schutz und Unterkommen gefunden; aber mit Gewißheit weiß man nichts hierüber. Dagegen versicherten gleichzeitig Westphälische Ritter[WS 2], am heiligen Grabe einen Pilger gesehen zu haben, der an Gesicht und Figur dem Burggrafen geglichen habe. Allein auch dieß ist nicht ausgemittelt.

Seine Burggrafschaft theilten die Bischöfe von Münster, Paderborn und Osnabrück; der Graf Engelbert von der Mark dachte zu edel, um von dem Raube etwas anzunehmen.

Die Rache des Bischofs von Münster ging soweit, daß der Graf von Tecklenburg die Gräfin Sophie nicht einmal bey sich behalten durfte. Er wurde durch eine langwierige Belagerung gezwungen, sie von sich zu lassen. Doch wirkte er aus, daß sie dem Kloster Herzebrock durfte übergeben werden. In diesem war eine blasse, freundliche Nonne, die nahm sich der Unglücklichen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: schweigen
  2. Vorlage: Rittter
Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_252.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)