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Brust, ihren krampfhaft verzerrten Lippen. Lustig, Vater! rief sie; zum Hochzeitsfeste! Draußen im Walde, wo mein Liebster wohnt! – Sie wollte aufspringen, zu ihm hin; aber sie vermochte es nicht, und mit einem stillen Lächeln sank sie zurück, indem sie leise sprach: Meine Füße tragen mich nicht mehr. Ich glaube, sie sind todt. Trage Du mich in den Wald, Väterchen!

Sie sprach die Worte mit flehender Stimme, wie ein Kind, das die Mutter bittet. Dem Burggrafen schnitten sie durchs Herz; der wilde Muth wich aus seinem Gesichte, still kehrte er an der Thüre zurück, und ging mit großen Schritten im Gemache auf und ab; ein heftiger Kampf schien wieder in ihm zu wüthen. Ein zweyter Knappe kam, und meldete, die Mauer sey zerfallen, die Feinde am Stürmen: Ich komme! antwortete er, und der Knappe ging. Aber er kam nicht. Still setzte er sich an den Kamin und sah in die Kohlen, die gestorben waren. Ein dritter Knappe kam, und meldete, die Feinde seyen schon mit Uebermacht in der zerstörten Mauer, und beschwor ihn, den Seinigen zu Hülfe zu kommen. – Ich komme! antworte er noch einmal, aber er blieb sitzen, und blickte starr in die todten Kohlen.

Auch seine Kraft war gebrochen. Es war ein furchtbarer Anblick, ihn da sitzen zu sehen, äußerlich stark und kräftig, in der blutigen Rüstung, aber von innen kraftlos, ausgestorben; und neben ihm die ohnmächtige und wahnsinnige, die an Geist und Körper zerrüttete Tochter.

Auf einmal sprang er auf, noch einmal blitzte Muth in seinen Augen. Rächendes Schicksal! rief er;

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_249.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)