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geworden, die Bischöflichen mitgebracht hatten, und womit sie, den ganzen Tag nur auf Einen Punkt der Burgmauer zielend, diese zu zerstören und so sich einen leichteren Weg in die Burg zu bahnen strebten. Auch darauf achtete der Burggraf nicht; er saß starr und unbeweglich, und schien nur mit dem Kampfe beschäftigt, der in seinem Innern wüthete.

Lange saß er so, und nur der Knall der Donnerbüchsen von außen und der Gräfin lautes Lachen unterbrachen auf fürchterliche Weise die tiefe Stille. Zuletzt trat ein Knappe herein, und meldete mit bleichem Gesichte die furchtbare Wirkung des feindlichen Geschützes; die starke Mauer war nach der östlichen Seite bereits gesprungen, einzelne große Steine rissen sich bey jedem Schusse los und rollten den Berg hinunter, noch wenige Kugeln und ein großes Loch war in die Mauer gebrochen; schon zogen sich die Feinde nach dieser Gegend hin zusammen, schleppten Haken und Sturmleitern bey einander, und schienen jeden Augenblick im Begriff einen fürchterlichen Sturm zu wagen.

Während des Anfangs dieses Berichts wich der starre Gleichmuth nicht aus dem Gesichte des Burggrafen; auf einmal blitzte aber ein kühner, wilder Muth darin auf. Er sprang auf, warf seinen Helm auf den Kopf, gürtete das Schwert um seinen Leib und wollte aus dem Gemache stürzen, den Stürmenden entgegen. Die Stunde der Vernichtung ist da! rief er, aber sie soll theuer erkauft werden!

Er drängte den Knappen hinaus, und wollte ihm folgen. Da bannte ein wildes Gelächter ihn auf die Stelle, auf der er stand. Es war seine unglückliche Tochter; ein entsetzliches Lachen entfuhr ihrer

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_248.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)