Seite:Westphälische Sagen und Geschichten 242.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von der Mark, der heute mit einem Kriegsheere herangerückt ist, das Schloß Krassenstein stürmt.

Morrian jauchzte hoch auf über diese Nachricht. Voran, rief er; das Heer geweckt; in einer Minute muß alles fertig seyn, bereit, die Pfaffenknechte zu empfangen.

In des Burggrafen Gesicht aber trat ein hoher Ernst. Eine Zeitlang sah er schweigend und sinnend vor sich nieder. Sey es! sprach er dann entschlossen. Laß das Heer bereit seyn, Bömmelingen! wandte er sich an diesen. In einer Viertelstunde bin ich bey Euch. Und damit der Feind sieht, daß wir seine Uebermacht nicht fürchten, wollen wir ihn draußen empfangen, nicht hinter unseren festen Mauern!

Brav gesprochen, Burggraf! rief Bömmelingen, und sprang aus dem Zimmer, um den empfangenen Befehl zu vollziehen.

In wenigen Minuten stand das ganze Heer gerüstet und kampffertig. In einer Viertelstunde rückte es aus den Thoren der Burg, und stellte still und ohne Geräusch sich auf, um den Feind, den man im Thale schon rasch aber leise sich herannahen hörte, zu empfangen. Der Burggraf behielt den Oberbefehl über das Ganze; Morrian führte die Reiterey an, wie bey dem neulichen Gefechte. Mit einem schweren Herzen hatte er Abschied von seiner Braut genommen, die ihn immer wieder von neuem umarmte, ihn mit ihren Thränen bedeckte, und ihn nicht von sich lassen wollte, weil eine schwarze Ahnung ihr sagte, sie solle ihn nicht wiedersehen. Auch ihn hatte ihre Angst auf einen Augenblick verstimmt; als er aber jetzt durch die Dunkelheit der stürmenden Nacht den Feind heranrücken

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_242.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)