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Verlegenheit würden köstlich seyn! – Doch sey still! rief er dann lauter der Schildwache zu, und bestieg die Wendeltreppe, die zum Thurmwart führte.

Als er oben angekommen war, sah er sich nach allen Seiten flüchtig um und folgte dann der Richtung, die ihm der Wärter still mit dem Finger angab. Er sah in derselben den verdächtigen Menschen, der so eben rasch aus einem Gebüsche hervortrat, vorsichtig mitten durch einen Haufen Lanzenknechte schritt, die dort im Grase ruheten, und dann mehr springend als gehend, sich geradeswegs der Burg nahete. Der Ritter beobachtete ihn schweigend. Der Thurmwart aber fragte ihn leise: Sollte man den Kerl nicht fast für ein Gespenst halten, so leise und keck schritt er über die Schlafenden weg?

Da lachte der Ritter Bömmelingen recht höhnisch. Du hast Recht, alter Narr! sagte er; es ist mein Theodorus, der auf Kundschaft ausgewesen ist. Ich kenne ihn an den langen Beinen und langen Sprüngen. – Zugleich rief er, als der Gegenstand ihrer beyderseitigen Aufmerksamkeit jetzt schon fast das Thor erreicht hatte, mit halblauter Stimme herunter: Gibts etwas, Theodorus?

Dachte ichs doch, Herr, erwiderte der Gefragte daß Ihr schon auf seyn würdet. Nun nur rasch aufgebrochen. Von der Warendörfer Straße her nahet ein Häuflein seltsam vermummter Reisige; sie haben den geraden Weg hieher eingeschlagen; wer sie sind und was sie wollen, weiß ich nicht, denn sie reiten still, aber auch langsam wie ein Leichenzug, und keinen Laut hört man bey ihnen, als den ihrer Pferde.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_207.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)