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sich nicht, sondern blieb finster und trübe, als wenn die Kampflust, die sonst so oft darin geblitzt hatte, auf einmal von einem schweren, drückenden Gefühle einer Schuld oder eines Verbrechens, oder auch von einer schwarzen, verderbendrohender Ahnung verdrängt worden wäre.

Vier oder fünf Tage waren auf diese Weise verflossen. Auf den Fünften folgte eine warme, stille Nacht, die alles in der Burg und deren Umgebung früh in Ruhe wiegte. Die Wachtfeuer, welche rund um die Burg von allen Seiten angezündet waren, waren verloschen; die Krieger schliefen ruhig auf ihren Waffen, neben ihren Rossen; die Ritter auf der Burg ruheten aus von einem fröhlichen Gelage, bey dem man nur den Wirth nicht fröhlich gesehen hatte. Alles lag in Schlaf und Ruhe. Nur die Schildwachen an den Thoren der Burg und auf den Mauern wandelten, eingedenk ihrer Pflicht, auf ihren Posten auf und ab, und riefen sich zuweilen an, um sich aufzumuntern, oder auch gelegentlich einander einen Witz oder eine Merkwürdigkeit mitzutheilen. –

Auf einmal wurde oben auf dem Thurme über dem Haupteingangsthore die Stimme des Wärters laut. Er rief mit gedämpfter Stimme der Schildwache unten am Thore zu, wie er einen einzelnen Menschen von dem Oelder Wege her, sich pfeilschnell durch die Gebüsche auf die Burg zuschleichen sehe; manchmal stehe die Figur, die er wegen der Dunkelheit der Nacht nicht genauer erkennen könne, eine halbe Minute lang still, und scheine dann spähend nach allen Seiten sich umzusehen. Der Thurmwart forderte die Wache auf,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_205.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)