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bey den wiederholten Bitten des Domscholasters, kein Bedenken, seiner Tochter die Reise dahin zu erlauben, zumal da er den Bischof stets ohne Arg gefunden, auf die Treue des ehrwürdigen Domscholasters aber sich Häuser bauen ließen, und auch die Gräfin selbst wünschte, ihren alten Freund und Lehrer einmal wiederzusehen.

Dabey hatte er noch einen anderen Grund, den er aber Niemanden mittheilte. Schon seit einiger Zeit hatte er gesehen, wie zwischen seiner Tochter und dem jungen Ritter Morian eine geheime Neigung entstand, die mit jedem Tage mehr wuchs und fester in Beyder Herzen zu wurzeln drohete. Stammte der junge Mann nun gleich aus einem der edelsten Geschlechter Westphalens, so war er doch zu arm, und hatte zu wenig Verbindungen, um, wenn er der Gemahl Sophiens werden sollte, die Integrität der Burggrafschaft Stromberg gegen die Ansprüche benachbarter Fürsten und angeblicher Lehnsvettern zu schützen, die schon jetzt, da der Burggraf keinen Sohn hatte mehr oder weniger laut hervortraten. Dieß bestimmte ihn, die jungen Leute für einige Zeit zu trennen. Er erlaubte der Gräfin daher die Reise nach Münster, gab ihr seinen alten, bewährten Vasallen, den Ritter Albert von Oer nebst einigen Knappen mit, und stellte ihr frey, so lange in Münster zu bleiben, als es ihr dort noch gefalle.

Allein die junge Gräfin war kaum einige Tage in Münster gewesen, als sie schon von da wieder fort, und nach Stromberg zurück sich sehnte. Der Bischof war nicht hieran Schuld, er war freundlich und liebreich gegen sie, wie ein Vater; desto mehr aber sein Vetter, der Ritter Rudolf von Wevelinghoven. Dieser,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_191.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)