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schnell nach einer lichten Stelle des Waldes spähend, durch die er entfliehen könne, weniger angstvoll das Kommende.

Das Geräusch hatte sich unterdeß genähert, und es entwickelte sich jetzt schnell, was es bedeuten sollte. Auf der Landstraße, welche unsere Reisenden verlassen hatten, und welche sich in einer Entfernung von ungefähr fünfzig Schritten vor ihnen vorbeizog, kam mit verhängten Zügeln, eine einzelne, verschleierte Dame daher gesprengt. Sie war augenscheinlich im Entfliehen begriffen; das zeigte der Schaum, mit dem ihr fliegendes Roß bedeckt war, und die ängstliche Hast, mit der sie es dennoch unaufhörlich antrieb. Eben so augenscheinlich wurde sie aber auch verfolgt; denn keine fünfzehn Schritte hinter ihr kamen unordentlich durch einander fünf oder sechs geharnischte Reuter gejagt, die nicht weniger als die Dame, ihre Pferde antrieben, und den Flüchtling einzuholen suchten. Die Visire ihrer Helme waren geschlossen, so daß sie, da sie auch sonst keine Abzeichen trugen, unkenntlich waren.

Der ganze Trupp jagte still vorüber, als wenn zum Sprechen keine Zeit da sey; die Kaufleute wurden nicht bemerkt. Kaum war er aber wenige Schritte an diesen vorbey gekommen, als auf einmal das Pferd der Dame stürzte, und diese mit dem lauten, durchdringenden Schrey: Hülfe! Hülfe! mit Gewalt auf den Boden geschleudert wurde. Hier lag sie unbeweglich. Ihre Verfolger aber waren mit Blitzesschnelle von ihren Pferden, und rannten auf sie zu. Einer von ihnen, eine lange, hagere Gestalt, kam zuerst bey ihr an. Bist Du jetzt mein? rief er mit lauter, frohlockender Stimme, und hob sie von der Erde auf, und

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_170.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)