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war aus ihrem Innern gewichen, als sie ihm jetzt gegenüber stand, und in sein klares, mildes Auge sah. Der Jüngling sich sie lange und freundlich an; ihre schöne Gestalt, ihr frommer, jungfräulicher Blick schien einen tiefen Eindruck auf ihn zu machen; er bat sie mit Aufrichtigkeit, fast dringend, in der Burg zu bleiben, und auch fortan deren Gebieterin zu seyn, wie sie es bisher gewesen. So wie er alle Herzen gewann, so gewann er auch das ihrige. Beatrix blieb, von Einem Tage zum Anderen ihren Entschluß, das Klosterleben anzutreten, aufschiebend.

Elias Gralius feyerte unterdeß den Antritt seines Regiments mit Festen und kriegerischen Spielen, bey dem er selbst stets der Gewandteste, Geschickteste und Kühnste war. Wunderbar aber war es, wie sein Schwan, dessen Gefieder die größte Reinheit an Weiße übertraf, nie von seiner Seite wich. Immer sah man das schöne Thier neben ihm, mit seinem Halse sich an seine Kniee schmiegen, mit seinen Augen treu und klug und innig zu ihm hinaufblicken, als wenn es um einen freundlichen Blick, um eine Liebkosung bitten wolle. Und vor Freude leuchteten seine Augen, und schüttelte es sein zartes Gefieder, wenn sein Herr wirklich freundlich zu ihm herunter sah, oder seinen Kopf oder seinen Hals streichelte. Viel sprach man über dieß Verhältniß des Grafen zu dem schönen Schwane, der nicht bey Tage und nicht bey Nacht von ihm wich; aber ergründen konnte man es nicht, und es blieb bey leeren Vermuthungen.

Da begab es sich, daß der Graf Elias Grail plötzlich bekannt machte, Beatrix, die schöne Tochter Theodorichs, sey seine Braut, und nächstens werde er sie,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_139.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)