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IV.


Die Gotteslästerer in Körbecke.


Im Jahre 1013. geschah ein entsetzliches, bisher unerhört gewesenes Wunder. In der Christnacht dieses Jahrs, begab es sich nemlich in der Stadt Körbecke in Westphalen, wo der heilige Magnus den Märtyrertod gestorben ist, daß in dem Augenblicke, als der Priester in der Kirche dieses Heiligen die Messe eifrig zu lesen anfing, achtzehn Personen, anstatt dem Gottesdienste beyzuwohnen, vor der Kirche auf dem Kirchhofe einen Tanzreigen aufführten, und dabey so laut sangen und schrieen, daß sie den Priester vor dem Altare in seiner Andacht störten. Dieser, mit Namen Rothbertus, ging daher zu ihnen hinaus, und ermahnete sie, von ihrem Teufelswerke abzustehen, und ruhig zu seyn und in die Kirche zu kommen. Allein sie verachteten seine Reden, und verhöhnten und verspotteten ihn. Da rief er ihnen verwünschend zu: Möget Ihr durch die Macht Gottes, und durch die Verdienste des heiligen Magnus ein ganzes Jahr lang also tanzend und singend zubringen müssen!

Sie verachteten auch diese Worte, und fuhren in ihrem Jubel fort; allein der Fluch des Priesters hatte sich augenblicklich erfüllt. Denn als sie bald nachher aufhören wollten, konnte Keiner von seiner Stelle, und Alle mußten tanzen und singen ohne Unterlaß, die ganze Nacht hindurch und auch den Tag und auch den

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_103.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)