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Wald geritten. Der Ritter erblickte die Einsiedelei, und ritt verwundert darauf zu, und betrachtete sie lange, und die stille Gegend, in der sie gebauet war. Ein wehmüthiges Sehnen schien seinen Busen zu heben, eine sanfte Freude sein bleiches, kummervolles Gesicht zu erheitern. Er stieg vom seinem Rosse, und ging näher zu der kleinen Wohnung. Da sah er den Mönch darin, der auf beyden Knieen vor einem Cruzifix lag, und still betete. Der Ritter betrachtete ihn und wankte plötzlich, und erbebte heftig; sein Gesicht wurde von einem argen, wilden Zuge entstellt. Aber nur einen Augenblick lang; dann wurde es wieder ruhig und heiter; und langsam schritt er in das Innere der Hütte auf den Mönch zu.

Gervin von Volmestein! sprach er zu diesem, und legte sanft seine Hand ihm auf die Schulter. Du hast ein höheres Leben gefunden, ein schöneres. Laß es uns theilen!

Entsetzt sprang der Mönch auf und flog zurück und starrte den Ritter an, der ihn liebevoll mit seinem Einen Auge ansah, während das andere ewige Nacht bedeckte. Um des Himmelswillen! rief er, wer seyd Ihr? Was begehrt Ihr von mir?

Und Du kennst mich nicht mehr? fragte der Ritter sanft. Du kennst deinen Freund Diepolt nicht mehr?

Da erkannte der Einsiedler, was die bekannte Stimme ihn schon hatte ahnen lassen. Aber auch er wankte und erbebte heftig. Doch auch nur einen Augenblick lang. Dann nahete er sich dem Markgrafen und sprach demüthig: Der Himmel hat mir vergeben, denn

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 097. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_097.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)