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erzählte ihm von dem Frohsinn und dem Muthe seiner Jugend, und bat ihn mit weinenden Augen, wieder so zu werden, wie er früher gewesen; allein es war alles vergeblich. Stumm hörte er zu; zuweilen wohl blitzte Feuer in seiner Seele und in seinem Auge auf; aber es war auch nur ein eben so kurzes, als rasches Aufblitzen.

Ein tiefer Gram mußte an ihm zehren. Welcher aber, das wußte Niemand. Umsonst erkundigten sich die Diener darnach, umsonst die Nachbaren. Umsonst forschte man bey dem Edelknappen Julius. Der zarte Knabe war der einzige Begleiter und Gesellschafter seines Herrn, und wohl konnte man daher vermuthen, er müsse dessen Gram kennen. Aber er blieb stumm, wenn man ihn darnach fragte, und wurde noch trauriger, als er gewöhnlich war; denn auch ihn sah man nur nachdenkend und still, und nie kam Lächeln in seine sanften Züge.

Die Burg Volmestein glich in dieser Zeit eher einem Aufenthalte von Mönchen, die nur der stillen Betrachtung leben, als einem Ritterschlosse. Da sah man kein Rossetummeln, da hörte man kein Schwertergeklirr. Nur selten, zu gewissen Zeiten wurden die Pferde von den Knechten umhergeritten, damit sie nicht vor Feuer und Uebermuth die Ställe zerstampften; noch seltener wurden die glänzenden Waffen und Rüstungen aus der Rüstkammer hervorgezogen, um im Sonnenlichte geputzt und blank gemacht zu werden. Dann waren die Buben und Knappen jedesmal doppelt traurig, wenn sie bedachten, wie rund um sie her alles in wilder, lustiger Fehde lebte, und nur sie allein still und unthätig zwischen ihren Mauern liegen mußten,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 068. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_068.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)