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drückte hier der Ritter die Hand des Vogts, der ihn mitleidig betrachtete, und sagte zu ihm: Auf der Burg meiner Väter wird mir wieder besser werden! Dann begrüßte er die herzugekommenen Knappen und übrigen Diener, und ließ sich darauf von dem Vogt in das Innere der Burg führen, gefolgt von seinem treuen Knappen.

Aber die Zurückgebliebenen sahen ihm traurig und mitleidig nach. Das unser junger Ritter? sprachen sie untereinander. Das der tapfere, feurige Gervin von Volmestein, von dessen Muth und Thaten so viele und so rühmliche Kunde zu uns gekommen ist? Gebe Gott, daß er wahr sagte, daß hier wieder Kraft und Leben in ihn komme!

Aber der Ritter sollte nicht wahr gesagt haben. So bleich und traurig er im Frühjahr angekommen war, so bleich und traurig fand ihn auch der Sommer, und der Herbst, und der Winter, und wieder der Lenz des folgenden Jahrs. Es kam keine Kraft und kein Muth in ihn. Alles Feuer schien in ihm erloschen alle Elemente des freyen, frischen Lebens in ihm erstorben zu seyn. Immer still und in sich gekehrt, schlich er umher, verschloß sich oft Tagelang in seinem Gemache, oder strich durch die dicken Wälder der Gegend, oder saß auf den hohen Felsen an der Ruhr und blickte Stundenlang in die Berge hinein, und noch oft darüber weg, tief, tief nach Süden hin. Mancher Ritter der Nachbarschaft kam zu ihm, und versuchte, durch fröhliche Gespräche, durch Erzählungen von Fehden und Turnieren, ihn aufzurichten, den alten, angestammten Muth in ihm wieder zu wecken; aber es war vergeblich. Oft schlich der alte Vogt Theobald zu ihm, und

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 067. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_067.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)