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Lange gingen sie zu Rathe, auf welche Art sie dieß ins Werk stellen sollten, zuletzt schlug Einer vor, man solle eine große Tonne kaufen, in dieser den Hick einsperren, und ihn so zum Rheine wälzen, um ihn dafür seine hinterlistige Lüge büßen zu lassen, wohin dieser sie gefoppt habe. Mit Freuden wurde dieser Vorschlag angenommen.[WS 1] Man kaufte in der Stille eine große, starke Tonne, überfiel dann eines Morgens den Hick, als dieser eben mit den Kindern bey dem wohlschmeckenden Frühstücke saß, warf ihn in die Tonne, schlug den Boden derselben hinter ihm zu, und rollte ihn dann unter wildem Gejauchze zum Rheine. Das ganze Dorf ging mit.

Ohne Unfall kamen sie in die Nähe des Flusses; hier aber kehrten sie in einem Wirthshause, das nicht gar weit von der Landstraße stand, ein, um sich vorher zu dem Reste ihrer Expedition zu stärken; die Tonne ließen sie unbewacht auf der Straße stehen.

Der arme Hick! Wohl kannte er das Schicksal, mit dem er bedroht war, und wohl wusste er, daß die empörten Lieberhäuser ihm keine Gnade schenken würden. Aber dennoch verließ ihn sein Muth nicht. So oft hatte er in Noth und Angst durch fröhliches Singen sein Herz erleichtert, auch jetzt in seiner Todesangst stimmte er einen lustigen Gesang an, und sang mit lauter Stimme ein Lied, das in seiner Heimath sehr bekannt war, und mit den Worten anfing:

Ich sall to Cöllen Bischop syn,
Und hävve keene Lust!

Das hörte ein Hirt, der mit seiner Heerde Schafe des Weges gezogen kam. Neugierig nahete sich dieser der Tonne, und lauschte auf die merkwürdigen Worte,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. In der Vorlage: 'angenommene'; Der Punkt fehlt.
Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 042. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_042.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)