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Hick aber schüttelte listiger Weise gewaltig den Kopf. Das Thier ist mir nicht feil! erwiderte er, aber desto wohlgefälliger lächelte er, als der Wirth wieder den Geldschrank aufschloß, und den Beutel hervorzog, in dem die Goldstücke waren.

Drey zählte er davon auf, blank und glänzend, und verlangte den Vogel dafür; noch drey legte er dazu, als Hick noch nicht ja sagen wollte. Da strich dieser das Geld ein, gab den Vogel ab, und lief, was er laufen konnte, aus Cölns Mauern heraus.

Arm war Hick aus Lieberhausen gegangen, der ärmste des Dorfes; als ein reicher Mann kam er zurück. Nicht bloß er, kein Mensch in ganz Lieberhausen hatte je so viel Geld beysammen gesehen. Mit Gewalt wollten die Lieberhausen daher wissen, wie Hick dazu gekommen sey. Tag und Nacht bestürmten sie die Hütte des Beneidenswerthen, der jetzt jeden Abend seine Kinder satt futtern konnte, und fragten ihn, woher er die Reichthümer bekommen habe?

Ich will es Euch sagen, antwortete Hick zuletzt, für meine Kuhhaut; das Zeug ist dort entsetzlich theuer!

Da frohlockten die Lieberhäuser, und schlachteten auf der Stelle all ihr Vieh, daß am andern Morgen keine lebendige Kuh mehr in Lieberhausen war. Die Häute luden sie auf und wanderten damit nach Cöln und sangen und jubelten vor Freude. Aber wie fanden sie sich betrogen, als in Cöln die Kuhhäute nicht theuerer waren, als in Lieberhausen auch! Der Verdruß und der Aerger des gefoppten Volkes war unglaublich; aufs höchste erbittert gegen Hick kehrten sie heim, und beschlossen einmuthig, ihn, als die alleinige Ursache ihrer Schmach und ihres Unglücks, zu tödten.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 041. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_041.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)