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Auch den Schinken fand der Wirth; und glühete stärker und rieb seine zuckende Stirn immer heftiger, und verlangte doch noch eifriger von Hick, der Vogel solle ihm noch mehr wahrsagen. Allein Hick war klug. Heute nicht! antwortete er; es schmerzt den Vogel zu sehr, wie auch sein Schreyen Euch kund gibt. Wartet bis morgen!

Aber der Wirth konnte keinen Augenblick mehr warten. Nein, gleich! rief er auf der Stelle muß er wahrsagen! und er warf all sein Geld auf den Tisch, das er bey sich trug; drey, vier, fünf Krontalher. Dem Hick lachte sein Herz im Leibe über den Anblick des schönen Geldes, aber er hielt sich doch standhaft; da wurde der Wirth fast wüthend, und schloß einen Schrank auf und nahm ein blankes Goldstück daraus und legte das zu den Kronthalern. Da konnte denn auch Hick nicht länger mehr an sich halten, er kniff das Thier zum drittenmale in den Schwanz, dieses schrie wieder laut sein: Quak, quak, und der listige Lieberhäuser offenbarte nun: Unter der Treppe steckt ein Mönch!

Bebend vor Zorn stürzte der Wirth in das Kämmerchen, zu der Treppe, zog mit gewaltiger Faust das bleiche Mönchlein hervor, und – die Szene, in der jetzt Eins der zehn Gebote mit kräftigem Arme ausgelegt wurde, bedarf wohl keiner Beschreibung.

Hick, im Besitze seiner Reichthümer, sah unterdeß sehr ruhig und zufrieden zu, ließ sich noch ein Glas Bier geben, und wollte sich dann zur Rückreise anschicken. Doch der eifersüchtige Wirth wollte ihn mit dem Vogel nicht ziehen lassen. Den Wahrsager, rief er, lasse ich nicht wieder aus dem Hause; Ihr müßt ihn mir verkaufen!

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 040. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_040.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)