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II.


Der Hick,
ein Volksmärchen.


An der Grenze Westphalens nach dem Bergerlande hin liegt die vormalige Reichsgrafschaft Gimborn-Reustadt, in deren Bereiche das, jetzt wegen seiner bunten Kirche bekannte, Dörfchen Lieberhausen ist. Gegenwärtig wohnen in diesem brave und wohlhabende Leute, ein guter Menschenschlag, einsichtsvolle Ackerwirthe, thätige Handwerker. Vor vielen hundert Jahren aber waren die Einwohner Lieberhausens weit und breit bekannt, eben so sehr durch ihre Armuth als durch ihre Dummheit. Ein einziges gescheutes Männlein wohnte damals im Dorfe Liebershausen, das hieß Hick. Allein so pfiffig und listig dieser Hick auch war, so arm war er doch, der ärmste im ganzen Dorfe. Nur ein kleines Hüttchen, von Lehm und Baumzweigen aufgebauet, und eine alte Kuh machten sein ganzes Vermögen aus, und, damit wir nichts vergessen, ein klarer, frischer Quell, der neben seiner Hütte aus dem Felsen sprang. Dabey hatte Hick freylich einen starken Körper und ein paar gesunde Arme; aber ein Handwerk verstand er nicht, wie man in ganz Lieberhausen keins verstand; er konnte daher nur taglöhnern, und das ging schlecht und brachte wenig ein.

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1931, Seite 034. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_034.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)