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Der Himmel war wieder hell und heiter geworden, der Sturmwind, der dieses furchtbare Gericht des Herrn begleitet hatte, hatte nachgelassen. Die Sonne schien wieder lustig und milde auf Feld und Wald, und ein sanfter Wind säuselte durch das Laub der Bäume. Keine Spur, war mehr von dem wüthenden Orkane zu sehen, unter dessen Gewalt noch vor einer Stunde die Erde erbebt hatte; nur der frisch entstandene Teich kochte noch tief unten in seinem Grunde und trieb dicken stinkenden Rauch empor, und schlug mit trüben Wellen an seine verbrannten Ufer.

Da kam langsam ein hohes Weib den Berg heraufgeschritten; tief eingehüllt war sie in ein weites, dunkles Gewand, wild hingen ihre greisen Haare um Haupt und Nacken; sie blickte lange mit dunkeln Augen in den dampfenden Pfuhl. Dann sprach sie langsam mit hohler, tiefer Stimme: Die Götter sind furchtbar! – und hüllte sich tiefer in ihr Gewand, und ging mit langsamen Schritten in den Wald.

Nicht lange nachher aber kam der greise Mönch Johannes Baptista von einer andern Seite den Berg herauf.[WS 1] Auch sein Auge war trübe, aber voll Demuth und Vertrauen. Als er an den Pfuhl kam und hinein schaute, verschwand plötzlich der stinkende Rauch von demselben; das Kochen im Grunde hörte auf und der Spiegel des Wassers wurde hell und klar. Und wie mit frommem Erstaunen der Mönch dieß ersah, da tauchte ein weißer Leichnam aus dem Wasser empor und schwamm langsam zu der Stelle, wo der Mönch stand. Er erkannte ihn; es war der Leichnam Christinens. Er zog ihn hervor und hob ihn ans Ufer. Dann legte er ihn auf seine Schultern und trug ihn

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Punkt fehlt in der Vorlage
Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 032. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_032.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)