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und rief mit ängstlicher, abwehrender Stimme: Nicht zu ihm! Nimmer! Nimmer! Morde mich lieber, Heide, aber ehre meine Unschuld! O gieb mir lieber den Tod!

Nachher, sagte Lutz ruhig. Erst wirst du seine Genossin, daß er wieder genese, denn die Liebe, in der deine Zauberkünste ihn verstrickt haben, zehrt den armen Knaben auf; aber wenn er genesen, und der tückische Zauber entwichen ist, dann soll dir Strafe werden für deine Arglist, dann sollst du sterben, und er, er selbst soll dich schlachten und den Göttern opfern.

Nimmer! rief das Mächen mit Abscheu. Der Herr wird mich beschützen.

Wolf Lutz lachte höhnisch, und befahl seinen Knechten, die Dirne aufzuheben und auf ein Pferd zu setzen. Sie sträubte und wehrte sich vergebens, man lachte ihrer ohnmächtigen Anstrengungen.

Geist meiner Mutter! rief sie in furchtbarer Angst, o, schütze mich! errette mich! O, hat denn der Himmel keinen Donner, um die Unschuld zu retten, die Heiden zu vernichten?

Da trat der Mönch Johannes Baptista hervor. In stillem aber inbrünstigem Gebete hatte er bisher, von den Räubern nicht bemerkt, auf seinen Knien neben der Leiche gelegen, und zu Gott um die Errettung aus den Händen der Furchtbaren geflehet. Aber kein Wunder wollte sich zeigen. Da, als der entscheidende Augenblick da war, und die unglückliche Jungfrau fortgeschleppt werden sollte, erhob er sich, nahm das Cruzifix, das neben ihm auf dem einfachen Altare stand, und trat mit demselben ohne Furcht zwischen die Heiden. Im Namen des Gekreuzigten, rief er mit feyerlicher,

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 022. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_022.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)