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einen Hieb nach Hildebrand, der dessen Haupt bis auf den Brustknochen spaltete und ihn entseelt zu Boden streckte.

Christina war mit einem lauten Angstschrei zurückgestürzt. Allmächtiger Himmel! rief sie, o rette uns, rette uns! – Sie umklammerte die kalte Leiche ihrer Mutter, als wenn die Todte sie beschützen sollte. Aber der Räuber drang ihr nach und riß sie mit frecher Hand von der Leiche empor. Habe ich Dich, Dirnlein? rief er, sie mit höhnenden Blicken betrachtend. Habe ich die Zauberin?

O habe Gnade! flehete das Mädchen, die in diesem Augenblicke, wo sie so eben und so schrecklich den Vater hatte fallen sehen, nur für ihr junges Leben und dessen Erhaltung, Gefühl hatte. Habe Gnade, verschone meiner!

Wolf Lutz lachte. Einmal haben deine Zauberkünste mich bethört! antwortete er; aber Wolf Lutz ist nicht zweimal ein Narr. Dießmal entkommst du mir nicht.

O, um der Barmherzigkeit willen! flehete das Mädchen wieder; verschon’ mein junges Leben. Um des Lebens deines Sohnes willen!

Dein Leben, erwiederte Wolf Lutz, will ich nicht; du hast Recht, eben um meines Söhnleins willen soll es dir nicht genommen werden. Denn freue dich, Dirnlein, zu seiner Bettgenossin habe ich dich bestimmt; in einer Stunde wirst du neben ihm auf seinem Lager liegen.

Hohe, dunkle Röthe umzog, trotz der Todesangst, die bleichen Wangen Christinens; aber nur auf einen Augenblick, dann wurde sie wieder bleich wie der Tod,

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 021. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_021.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)