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gewinnen! Aber freylich, seit die Literatur sich nicht mehr um das Leben bekümmert, bekümmert man sich auch um so etwas nicht mehr. In früheren Zeiten war es anders, dem Griechen und Römer, dem Aegypter und Perser, dem Scyten und Scandinavier, und dem alten Deutschen war seine Sage Mythe, und in seiner Mythe lebte seine Poesie und seine Literatur. Jetzt sehen Poesie und Literatur höhnisch auf die Sage herab. Sollte die christliche Religion, die der Sage ihre höchste Bedeutung nehmen mußte, oder was sonst an dieser Vornehmheit Schuld seyn? –

Doch unser Volk hat seine Achtung und seine Liebe zu seinen Sagen nicht verloren. Und wenn wir hoffen dürfen, daß, so wie unser Adel nachgerade seine Ehre darin gefunden hat, mit den übrigen Ständen des Staats zusammen dessen Volk zu bilden, so auch die Poesie unserer großen Geister einst von unserer einfachen, demüthigen Volkspoesie sich nicht mehr absonderen, sondern immer mehr damit zusammenschmelzen, und so vielleicht jene universelle Bildung der Nation, die wir bey den Griechen antreffen, auch bey uns erblühen werde, so dürfen wir auch hoffen, daß unsere anspruchlosen Volkssagen immer mehr die Anerkennung finden werden, die man jetzt nur unseren Romanen,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite V. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten-05.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)