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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

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Niemand war der Freund

Der mich treue schätzt.
Eine Hand gebräunt,
Hat mich schwarzgenägelt, dann zerfetzt.

Einmal war ich hier

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Und bin doch nicht aus.

Warum gibt’s in mir
Alte Sehnsucht noch nach altem Haus.

Der Geist

Nicht ist es mir bestimmt zu ruhn,
Da ich doch einmal schmerzlich bin,

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In alles mich hineinzutun

Und Form zu werden, ist mein Sinn.
Wer zwingt mich denn dazu,
In Qual und Trägheit zu erstehn,
Statt in die zarte Ruh’

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Des Niegenanntseins zu zergehn.

Was war ich denn ein kleiner Traum,
War Susa und war Kapernaum?
Ein Held, der wild mit Niggern rang,
Und eine alte Frau,

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Die nachts ins Wasser sprang?

Und immerfort bin ich ein Ort,
Bin Sternenwind und -tier
Und bin Ihr alle vier.

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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)