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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Der Staatsmann

Im wilden Sitzungssaale
– Ich räusperte mich allzuoft
Und stand, als Lineale
Den Schädel schonten unverhofft.

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In meines Herrn Kaleschen

– Er war nervös und dunkelstumm –
Durchfuhr ich goldne Breschen
Von Flaggen, Wind und Publikum.
Auf künstlichen Kongressen

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Besah ich manches Ordensband,

Zu Hause die Komtessen
Küßten mir artig Wang’ und Hand.
Nun ist es mir verglitten –
So leer es war, nun ist es um.

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O Klang von Wort und Schritten!

Ein Ruf nur bleibt. Warum?

Das Dienstmädchen

Kleiner Weg durch kleine Küchen!
Früh sagt der Portwisch: Mach rein!
Und da kommt der Herr mit verschlafenen Flüchen,

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Und die Frau ohne Haar ist gemein.

Oft sang ich an einem Bügelbrett.
Nachts lag ich in einem roten Bett.
Und kamen abends Gäste ins Haus,
Sahn sie mich nicht an beim Schmaus.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)