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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Der göttliche Portier

Da ich an dir vorüberlief als Knabe,
Wuchst du ins Tor unendlich aufgehoben.
Dein Dreispitz rührte Wappensterne oben.
Allmächtig sank dein Bart. Mann mit dem Stabe!

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Wie ich mich kindlich auch vergangen habe,

Gestickter Greis, du tratst herein zu loben,
Warst sänftlich grausem Kindertraum verwoben,
Wo ich mich gelb einstürzen sah im Grabe.

Nun wieder Bibelgott erscheint dein Bild!

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Aus Kindernächten wallt dein breitgelockter

Erzväterbart, der goldne Brust umquillt.

Die winterlichen Tressen klingeln mild,
Und tief beruhigt mich dein weißbeflockter
Allgütiger Pelz, der durch die Sphären schwillt.

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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)