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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Das andere Dasein
für Frau Elisabeth Wolff

Ein dicker Spatz im Nordwind, saß auf meinem Fensterbaum.
(O kleiner Atemrauch, silbern, zu sehen kaum!)
Auf einem Ast saß er, den Schnabel himmelwärts gewandt.
Ich, im geheizten Zimmer hab’ ihn friedevoll genannt.

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Ich, im geheizten Zimmer sagte laut:

Wie wohlig ist dir selbst die Winter-Welt und traut!
Du schwingst dich auf und ab durch dieses Tages grauen Schein.
Weltunbewußt fällt dir, was jetzt mich schauern macht, der Tod nicht ein.
     Da ließ der Vogel plötzlich

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     Sein Köpfchen los.

     Auf schlaffem Halse taumelt
     Und tanzt es bloß.
Ringsum die Federn stäubten, die schmerzlich aufgesträubten.
     Und nieder sank

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     Ein runder Ball

     (Draußen knackts leis –)
Langsam und feierlich aufs unbegrenzte Weiß.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/50&oldid=- (Version vom 1.8.2018)