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Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.

Der Fremde

Wer ist einst in einem Saal gesessen?
Von Gleichmut des andern Daseins (höchster Fluch!) gemessen?
Gesetz! Wer hat für mich falsch gebürgt?

140
Genug! Ich bin erwürgt!

Und als ich Teppiche lud und Hanf faserte
     und um mich tausend fremdes Lachen war,
Und als die Sonne aufging – und es Sankt Moritz
     gab – und für mich nichts zu machen war.

145
Als mein volles Leben an Mauern schlug,

Keine Kraft mir half, nicht List und nicht Betrug.
Und war doch geschaffen zu Freud,
An Baum und Turm und Kleid,
Zu freiem, atmendem Leid! …

150
Da wuchs es in mir groß in jagenden Gesichten,

Hier, diese Hand kann andern Schicksal sein,
Die Rache, sie ist mein!
Ward ich gerichtet, will ich richten,
Ward ich vernichtet, will ich auch vernichten!!

155
Ich nehme etwas hinüber,

Meine Augen werden vor Entzücken trüber.
Und meine Finger fühlen eine weiche Wut
Und Sehnsucht nach rinnendem Blut.
Muß ich aufhören,

160
War ich denn niemals mein?!

Hah, will sich Gott in mir zerstören,
Zerstör ich ihn in einem andern Sein.
(Er gibt dem Hund einen Fußtritt, daß dieser zurückfährt.)

Empfohlene Zitierweise:
Franz Werfel: Wir sind. Neue Gedichte.. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1913, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Werfel_Wir_sind_1913.pdf/104&oldid=- (Version vom 5.7.2016)