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die Propaganda machten und es erschienen gleichzeitig über 20 Volapükjournale in 10 verschiedenen Ländern. Bücher und Broschüren in Volapük und über Volapük erschienen in grosser Zahl; es wurden auch Adresslisten von Volapükkennern herausgegeben, welche ihrerseits eine grosse Volapük-Correspondenz ins Leben riefen. Die Hauptcentren der Bewegung waren Paris, München und Wien. Den Höhepunkt dieses Aufschwunges hatte das Volapük im Jahre 1889 erreicht, wo in Paris, gelegentlich der damaligen Weltausstellung, ein internationaler Congress von Volapükisten tagte, welcher drei Tage währte und in welchem alle Verhandlungen in Volapük geführt wurden, wodurch der Beweis erbracht ist, dass eine künstliche Sprache, nicht nur für den schriftlichen, sondern auch für den mündlichen Verkehr, sehr wohl geeignet ist. Allein die praktische Anwendung des Volapük im Laufe der ersten Jahre hatte verschiedene Mängel desselben gezeigt: Der Erfinder des Volapük war z. B. nicht vorsichtig genug zu Werke gegangen in der Wahl der Sprachelemente, welche derartig sein müssen, dass sie so vielen Nationen als möglich die geringste Schwierigkeit bieten, sowohl beim Sprechen und Schreiben, als auch beim Hören und Lesen.

Sein Alphabet z. B. enthält, ausser den allgemein bekannten Vokalen a e i o u, noch die Umlaute ä ö ü, welche nicht international genug sind. Die Stammwörter hat Schleyer hauptsächlich dem Englischen entnommen, aber hat sie oft so verändert, dass sogar ein Engländer sie kaum wiedererkennt, z. B. heisst vol die Welt, vom engl. world, pük – die Sprache, vom engl. speak, löf – die Liebe, vom engl. love u. s. w.

Ein weiterer Missgriff war die synthetische Conjugation, die darin besteht, dass der Verbalstamm, das persönliche Fürwort und die Bezeichnung der Zeitform in einem Wort zusammengehäuft werden, was die modernen Sprachen in zwei und mehreren Wörtern ausdrücken. So heisst z. B. elöfob ich habe geliebt, ilöfob ich hatte geliebt; löf ist der Stamm, ob bedeutet ich und e (resp. i) sind Vorsilben zur Bezeichnung des Perfectums (resp. des Plusquamperfectums). Solch eine Conjugation mit Vorsilben ist unnatürlich und daher schwierig. – Sie verlangt auch, dass die Stämme durchaus mit einem Consonanten anfangen und mit einem Consonanten endigen, damit die Vorsilben, die alle mit einem Vokal endigen und die Nachsilben, die alle mit einem Vokal anfangen, mit den Stämmen gut aussprechbare Wörter ergeben. Dieses ist ein grosser Uebelstand, denn es giebt sehr viele geeignte Stämme mit vocalischem Anlaut und vocalischem Auslaut z. B. am(ar), animal, accent, simpati, volu u. s. w., welche alle nicht ins Volapük hineinpassen.

Alle diese und noch viele andere Unzuträglichkeiten gaben Anlass zu Unzufriedenheit unter den Volapükisten. Ein Prof. Kerckhoffs[WS 1] in Paris hatte das französische Lehrbuch und Wörterbuch verfasst, worin einige kleine Aenderungen und zwar Vereinfachungen in dem Volapük eingeführt waren, und machte im französischen Monatsjournal „Le Volapük“ Propaganda für sein vereinfachtes Volapük. Schleyer erkannte aber diese Aenderungen nicht an, und da jeder dieser Herren einen bedeutenden Anhängerkreis hatte, so waren damit die Volapükisten in zwei Lager geteilt. Der Kampf der Parteien wurde immer erbitterter und es wurde für wünschenswert erachtet,

eine internationale Gesellschaft ins Leben zu rufen, welche die Spracheinheit

  1. Vorlage: Kerkhoffs.