wenn das alles neu ist, dann muß es ja auch sonst neue Ergebnisse liefern, wie sie ja für die Drehung der Planetenbahnen schon gefunden sind. Aber abgesehen von dieser Drehung und von einigen anderen Kleinigkeiten, hat sich die bisherige Astronomie doch ausgezeichnet bewährt. Bringt denn nicht das Neue nunmehr auch Unstimmigkeiten? Nein! einstweilen nicht, denn glücklicherweise bleiben die früheren Ergebnisse im wesentlichen unangetastet, und das Neue hat noch Mängeln abgeholfen.
Ein anderes aber ist noch von höchster Bedeutung. In allen Naturgrößen spielt nunmehr, da das Raumzeitgebiet von ihr abhängt, die Schwerkraft eine besondere Rolle. Also müssen alle Naturgesetze von dieser Weltmacht, die früher eine ganz vereinsamte Stellung in der Wissenschaft einnahm und den Forschern deshalb soviel grundsätzliche Schwierigkeiten bereitete, durch sie beherrscht werden. Und so hat Einstein beispielsweise schon gefunden, daß die Lichtstrahlen, die wir als gerade ansehen, tatsächlich gekrümmt sein sollen, namentlich, wenn sie an Körpern vorbeigehen. Wie ich höre, soll diese Folgerung im Astrophysikalischen Institut zu Potsdam von dessen Leiter Schwarzschild, der in diesen Tagen aus Einsteins Lehre die gleichen Folgerungen in strengster Ableitung erhalten hat, geprüft werden. Aber außerdem müssen fast alle Gebiete der exakten Wissenschaften, einschließlich sogar der Mathematik, einer Umarbeitung unterzogen werden. Und das werden hoffentlich unsere jetzigen Feinde Hand in Hand mit uns bewirken.
Es ist immer wieder der Geist, der die Völker zusammenführt, versöhnt und zusammenhält.
Max Bernhard Weinstein: Eine deutsche wissenschaftliche Großtat während des Krieges. Berliner Tageblatt (in Beilage "Der Zeitgeist" vom 28. Februar 1916), Berlin 1916, Seite 2 (Spalte 1). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weinstein_-_Wissenschaftliche_Gro%C3%9Ftat.djvu/4&oldid=- (Version vom 2.10.2024)