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Zur Zeit der Renaissance soll es diese Fesseln nicht gegeben haben, weibliche Bildungsbestrebungen im Gegenteil gerne gesehen worden sein, und die Frau hätte (nach Weininger) damals Gelegenheit gehabt, »zur ungestörten Entfaltung ihrer geistigen Entwicklungsmöglichkeiten«. Die hat sie denn auch entfaltet zu ästhetischen Zwecken und Zielen, denn nur solche waren ihr frei gegeben, und die kamen natürlich nur für die Frauen der begünstigten, vornehmen Kreise in Frage, wo sich denn auch eine Blüte weiblicher »Schöngeistigkeit« entwickelte, auf die damals wahre Hymnen gesungen wurden: daß aber den Frauen der Renaissance – in ihrer Gesamtheit, nicht als Ausnahmschance – auch soziale Ämter eröffnet und damit die einzig ernsthafte Anregung ihnen gegeben worden wäre, ist nicht bekannt, vielmehr saß trotz Renaissance und Humanismus diese Gesamtheit in den Frauengemächern und spann.

Das Hauptmoment aller sozialen Erscheinungen, nämlich das wirtschaftlich-materiell-soziale Moment existiert für Weininger nicht, wird entweder überhaupt nicht erwähnt oder rundweg geleugnet. So wagt er es denn auch, die unerhörte Behauptung aufzustellen, der Zusammenhang der ökonomischen Verhältnisse mit der Frauenfrage sei ein viel lockererer als er gewöhnlich hingestellt wird!!! Nur bei den Frauen aus dem Proletariat, die sich in die Fabrik oder zur Bauarbeit drängen, anerkenne er diesen Zusammenhang! Der Kampf um das materielle Auskommen habe mit dem Kampfe um einen geistigen Lebensinhalt (»wenn« ein solcher vorhanden sei!!!) nichts zu tun und sei scharf von ihm zu trennen!

Ja, sollen sich denn die Frauen, die ein materielles Auskommen suchen und brauchen, alle zum Ziegelschupfen drängen und nur zum Ziegelschupfen? Sollen sie nicht ein Anrecht haben, von einer höher qualifizierten und besser bezahlten Beschäftigung, eben jener, die vielleicht gerade

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Grete Meisel-Heß: Weiberhaß und Weiberverachtung. Die Wage, Wien 1904, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Weiberhass_und_Weiberverachtung.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)