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Unter keinen Umständen aber waltete ein einheitlicher Territorialbegriff. Die Vogteien galten und wirkten als geschlossene Körper, jede für sich bestehend, keine der andern gleich. Wie verschieden schon äußerlich war das Amt Liestal mit seiner städtischen Zentrale von den andern, deren Landvogteiresidenzen in die alten Grafenschlösser eingebaut waren. Die Steuerbeziehung zwischen Liestal und Waldenburg war eine andere als zwischen Liestal und Homburg; auch das Genossamerecht dieser obern Ämter war verschieden geordnet. Wir sehen keine einheitliche Masse vor uns, aber Sonderrechte und Sonderzustände. Daß eine Einheit wenigstens angestrebt wurde, zeigt die wiederholte Aufstellung eines Dreierkollegiums „über die Ämter“, als einer über die Landvögte hinweg amtenden Oberinspektion. Aber die Einheit war auch dadurch gehemmt, daß der Rechtsgrund dieses sisgauischen Territorialbesitzes eine verschiedene Gestaltung im Einzelnen hatte. An großen Gebieten besaß Basel nur ein Pfandrecht; die Mehrzahl der kleinern Herrschaften war der Stadt zu freiem Eigen übergeben, aber Münchenstein-Muttenz ging zu Lehen von Österreich. Zu diesem Allem kam, daß dieser disparaten Gesamtheit der eine Begriff der sisgauischen Landgrafschaft gegenüber stand. Sie erschien als einheitlich und umfassend zugleich; die Art und die Fülle ihrer Rechte, in denen Befugnisse des alten Grafenamtes weiterlebten, machte sie den Herrschaften übergeordnet. Freilich war dieses Landgrafschaftsrecht durchbrochen durch Rechte und Prätensionen einzelner Herrschaften; unaufhörlich entstanden hieraus Konflikte.

Wir sehen demnach Basel seine Macht in den Herrschaften Liestal Homburg Waldenburg dadurch stärken, daß es 1416 die Rechte der Landgrafschaft über diese drei Herrschaften sich durch Graf Otto von Tierstein verpfänden ließ und 1456 dieselben Rechte nochmals zu Pfand nahm von Ottos Enkel, Thomas von Falkenstein. Die Ergänzung hiezu war 1461 beim Kaufe der Herrschaft Farnsburg der Erwerb auch der Landgrafschaft.

Aber völlige Klarheit und Sicherheit war damit nicht gewonnen. Wenn Basel sich wirklicher Landeshoheit im Sisgau erfreuen wollte, so hatte es das Vorhandene von zwei Seiten her zu ergänzen: 1. durch Erwerb einzelner ihm noch fehlender Herrschaften; das geschah in dieser spätern Periode. 2. durch Erwerb aller noch bestehenden oder behaupteten Rechte Andrer an der Landgrafschaft. 1482 konnte der Rat die Tiersteiner zur Abtretung ihrer landgräflichen Rechte bewegen, aber noch fehlte der Consens des Bischofs von Basel als Lehnsherrn. Bischof Caspar verweigerte ihn; erst Christoph war der Stadt zu Willen. Nachdem diese nochmals und endgültig die Tiersteiner Grafen abgefunden hatte, gab der Bischof am

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)