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Der Moment war da, das Volk in Bewegung, um nicht zur Ruhe zu gehen, eh es den Kampf für das Evangelium durchgefochten, der zugleich ein Kampf sein sollte für Recht und Gerechtigkeit im Gemeinwesen, für die publica justicia.

Als dieses Volk haben wir nur zum kleinen Teile Solche uns zu denken, denen das Spektakelmachen Hauptsache war, nur zum kleinen Teile die „jungen Schrantzen, Handwerksgesellen, Bauern aus den nächsten Dörfern“, die der Karthäuser Chronist, „die Flüchtlinge, die Geächteten, die Landstreicher und Apostaten“, die Amerbach im Auge hatte. Es war der gute und tüchtige Großteil der Einwohnerschaft, ernste Vertreter der Kirchenreform und die mit starkem Sinn eine Besserung des Regierungswesens Begehrenden, die „ehrlichen und gut christlichen Burger“, die „streitbaren Burger“, an denen der Gesandte Niklaus Manuel seine Freude hatte.

Zögernd und ungerne brachte der Ausschuß die „rauhen“ Begehren der zu Barfüßern Versammelten vor den Rat, und hier im Ratssaale begann nun mit dem erst dämmernden Tage das schwere und grausame Geschäft.

Verlangt war zunächst, daß diese Zwölf aus dem Rat entfernt würden: der Bürgermeister Heinrich Meltinger, der Oberstzunftmeister Lux Zeigler, die Junker von der Hohen Stube Egli Offenburg und Bernhard Meyer von Baldersdorf, die Ratsherren Franz Bär Hans Murer genannt Silberberg Hans Stolz Andreas Bischoff Hans Oberriet Caspar Thurneisen, die Meister Hans Schaffner genannt von Brunn Hans Lux Iselin. Die Vertreter der Gemeinde verhießen die Gründe dieser Ausstoßung darzulegen; sie boten Recht vor den Räten zu Zürich Bern oder Straßburg; sie erklärten, daß die Ehre der Austretenden unversehrt bleiben solle. Aber in der Sache selbst sei kein Nachgeben, der Gemeindebeschluß unwiderruflich.

Die beiden andern Begehren gingen auf die Wahl evangelischer Prediger und darauf, daß die Zunftvorstände durch die Zunftgemeinden, der Rat durch den großen Rat zu ernennen seien.

Wir sind außer Stande, heute und durch die parteiische Berichterstattung der Zeit hindurch uns den Zustand des Rates in diesen Morgenstunden des 8. Februar zu vergegenwärtigen. Die durchaus gebietende Macht im Saal ist der Wille des Volkes. Die höchste Behörde, die durch das unendliche Vielerlei wechselnder Geschäfte und durch die schwersten Momente hindurch sich bis jetzt behauptet hat, sieht sich in einer seltsamen Lage. Vielleicht hält die Konsternation die große Versammlung nieder, vielleicht ist sie erregt durch Streit und Tumult, wir wissen es nicht. Nur in zwei Gruppen vermögen wir uns hineinzufühlen. In Diejenigen, die über den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 511. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/532&oldid=- (Version vom 1.8.2018)