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Ergänzt wurden die Artikel durch zwei Ratsbeschlüsse, vom 6. und vom 7. Januar: im ersteren wurde Denjenigen, die nach dem Ausgange der Abstimmung über die Messe Basel zu verlassen die Absicht haben sollten, dies freigestellt; der andre gebot, daß Keiner, er sei geistlich oder weltlich, er gehöre zum großen oder zum kleinen Haufen, den Andern schelten oder verspotten solle.

Jetzt konnten die Gesandtschaften ihr Werk als getan ansehen; sie verritten. Basel war sich selbst und dem Genusse der zu Stande gekommenen Ordnung überlassen.

Aber alle Geister waren in Bewegung. Wir hören den Bonifaz Amerbach zürnen und klagen über Trojas Untergang; er sagt sich, daß auch Städte Provinzen Königreiche alt werden und dahingehen; nichts Anderes bedeutet ihm das in Basel jetzt Geschehene; es ist nicht ein Trauerspiel, sondern eine Vernichtung. „Der Antichrist ist gefallen!“ jubelt Ökolampad in einem von Unzufriedenheit und Sorge freien Augenblicke, „wir haben den Sieg vor uns“. Bei den Evangelischen vernehmen wir aber auch Beschwerden über die Lässigkeit des Rates, der die Artikel vom 5. Januar nicht handhabe; wir sehen den Ausschuß beständig eingreifen und mahnen.

Offiziell scheint in der Tat wenig zu geschehen. Umsomehr innerhalb der Parteien, und hierüber unterrichtet werden wir vor Allem auf altkirchlicher Seite. Da mochte das Gefühl Mancher der Verzweiflung nahe kommen. Zahlreiche Briefe des Domkapitels an den Bischof, an Johann Fabri u. A. verraten diese Stimmung; man war auf das Ende des uralten und glorreichen Basler Kirchenlebens gefaßt.

Gerüchte gingen durch die Stadt von gefährlichen Konspirationen, und allerhand Gedanken wurden wach, als am 11. Januar unversehens Bischof Philipp hier einritt. Auch daß die Päpstler durch Schmähreden, geheime Meßfeiern u. dgl. m. den Artikeln zuwider handelten, wurde vielfach vermerkt. Pelargus konnte eine Streitschrift wider Ökolampad veröffentlichen; heftige Hetzpredigten des St. Peterspredikanten Sebastian Müller erregten Unwillen. Dies Alles war auch schon dagewesen, ein neues Verhalten der Päpstischen dann aber, daß sie, um der vorgeschriebenen Verständigung über das Predigen zu entgehen, die Predigten auf ihrer Seite überhaupt einstellten, ihre Kanzeln leer stehen ließen. Sie gingen noch weiter. Wie die Chorpfaffen des Münsters durch ihre Obern vom Messehalten, vom Singen und Räuchern dispensiert wurden, so geschah auch in andern Kirchen. Im selben Trotz und Überdruß, Basel preisgebend, resignierte Ludwig Bär seine

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 508. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/529&oldid=- (Version vom 1.8.2018)