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Diese paar Männer müssen Großes leisten. Außer ihren eigenen Sprengeln sollen sie auch für das in den andern Bereichen vorhandene und vorwärts drängende reformatorische Leben sorgen; sie haben dabei Deckung an einzelnen Mächtigen, an Konventen, an Volksgruppen.

Nur Ökolampad scheint solches Schirmes weniger zu bedürfen und fast aus eigner Kraft allein aufrecht zu stehen. Es ist bezeichnend, wie ihn die Gegner respektieren, wie schonend zumeist mit ihm der Rat verfährt. Seit dem Februar 1525 ist er Pleban zu St. Martin. Ein Jahr später, am 25. Februar 1526, wird diese seine Stellung durch die Pfleger geordnet, mit klarer Verteilung der gottesdienstlichen Funktionen und neuer Regelung der Einkommensverhältnisse. Ökolampads Diakon Bonifaz Wolfhart hat im Mai 1525 Basel verlassen müssen; an seiner Stelle finden wir seit dem Dezember gleichen Jahres den Hieronymus Bothanus aus Masmünster.

An diesem einen Orte St. Martin, dem wichtigsten, folgen wir der Entwickelung der evangelischen Sache.

Zwei Kulte bestehen nebeneinander in dem einen Kirchenraume: ein katholischer Gottesdienst den die Kapläne, und ein evangelischer den Ökolampad und sein Diakon versehen. Aber während jener allmählich in Verfall gerät, reißt dieser immer mehr Leben an sich. Mit Bestürzung sehen die Päpstlichen, wie zahlreich die von Ökolampad das Abendmahl in neuer Gestalt Empfangenden sind; sie schätzen sie, wohl übertreibend, auf etliche Tausende.

Hier zu St. Martin können wir jetzt auch das Hinfälligwerden ehrwürdiger Fundationen erleben. Die Witwe Margaretha von Eptingen, geborene von Laufen, sogut wie die Brüder Jörg und Arbogast von Andlau beschwerten sich darüber, daß die durch ihre Vordern zu St. Martin gestifteten Messen Spenden usw. nicht mehr abgehalten, die Verfügungen der Stifter nicht mehr geachtet, die Gelder ungebührlich verwendet würden. Die Artisten waren genötigt, ihre bisher zu St. Martin gefeierte Fakultätsmesse in die Peterskirche zu verlegen. U. dgl. m. Seit dem Osterfeste 1526 ertönte in der Martinskirche auch deutscher Gemeindegesang, nach der Neuerung Luthers und dem durch die Straßburger Evangelischen gegebenen Beispiele folgend. Außer zu St. Martin auch in den übrigen neukirchlichen Gemeinschaften Basels. Der Rat verbot solches Singen. Aber als trotz diesem Verbote weiter gesungen wurde und Ökolampad in dringlicher Weise dafür eingetreten war mit der fast drohenden Erklärung, die Sache auf der Kanzel zur Sprache bringen zu wollen, gab der Rat schließlich im Spätsommer 1526 doch seine Einwilligung. Von da an hatte Basel in seinen dem evangelischen Bekenntnisse dienenden Kirchen den deutschen Gemeindegesang;

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/495&oldid=- (Version vom 1.8.2018)