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In demselben Zusammenhang ist die neue Gewerbeordnung zu würdigen.

Welche Stellung ihr in der städtischen Wirtschaftsgeschichte zukam, ist uns bekannt. Sie bedeutete, als Abschluß des langen Kampfes zwischen Handel und Handwerk, den Sieg des letztern. In der Alles in Frage stellenden Unruhe des Jahres 1521 wurde auch hiezu der Anfang gemacht, und das Jahr 1525 brachte die Sache zur Reife. Im Januar 1526 ergingen die Beschlüsse, die jede kaufmännische Konkurrenz mit der heimischen Produktion aberkannten, dem Handwerker ein Verkaufsmonopol für sein ganzes Warengebiet gaben und den Handel auf den Import gewisser Warenkategorien und den Transit beschränkten.

Diese neue Organisation des Gewerbes hatte auch eine allgemeine Bedeutung. In ihr äußerte sich derselbe Geist, der die Stubenherren ihrer Vorrechte entkleidete und die alten Zunftgewaltigen aus dem Rate trieb. Sie zeigt uns das überall tätige Verlangen nach Gleichartigkeit in einer bestimmten Einstellung auf nur mittlere Höhe. Wie im Regieren keine Außergewöhnlichkeit mehr beliebte, so sollte auch im gewerblichen Beieinandersein und -arbeiten Alles auf einen möglichst weiten Kreis mittelmäßiger Existenzen eingerichtet, Größe und Übermacht Einzelner unstatthaft sein.


Der „bürgerlichen Einigkeit“, die sämtliche Stadtbewohner zu einer einzigen Gruppe gleiches Rechtes, gleicher Lust und gleiches Leides zusammenzuschließen verlangte, fehlte noch ein mächtiger Komplex: die in der Stadt lebende und mit Exemtionen und Vorrechten ausgestattete Kirche. Dies war unvereinbar mit dem neuen Rechte. Auch wurde der Kirche das Behaupten ihrer Stellung in dem Maße schwerer, als neben ihr eine kirchliche Gemeinschaft heranwuchs, die, weil sie keine Rechtsgemeinde war, auch keinerlei eigenes Recht zu beanspruchen Anlaß hatte.

Daß der Rat schon frühe den Kampf gegen klerikale Privilegien aufgenommen und auch das „kirchliche Kulturmonopol“ anzufechten begonnen hatte, wissen wir. Jetzt, da so manchem Bestrittenen ein Ende gemacht wurde, geschah dies auch hiebei. Unabhängig von der Reformbewegung. Was der Rat gegenüber der Kirche tat, gründete sich auf die Stärke emanzipierten politischen Sinnes, auf den Willen, der salus publica zu gut die Herrschaft der Stadtobrigkeit in bisher kirchliches Herrschaftsgebiet hinein zu erweitern. Die ererbte Rücksicht gegen die alte Kirche mochte verletzt, auch den evangelischen Neuerern in die Hände gearbeitet werden, — kühl und frei richtete der Rat seinen Sinn auf unbedingte Herrschaft.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/409&oldid=- (Version vom 1.8.2018)