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Hiezu tritt noch ein Weiteres. Indem der neue Geist die Macht der Bevölkerung in allen öffentlichen Dingen steigert, ist er zugleich bemüht um die Bildung einer bessern Form des Bevölkerungsganzen. Seit Generationen am Werk im Emportreiben der Untern, strebt er nach einer möglichst einheitlich gestalteten und gleicher Ordnung unterstellten Einwohnerschaft. Es ist das Verlangen nach Gleichförmigkeit, das auch die Ordnung der Leibeigenschaftsverhältnisse in der Landschaft bestimmt und parallel wirkt im Widerstande gegen zwiespältiges Predigen. Demselben Ziele dient seit geraumer Zeit das Bekämpfen einzelner Vorrechte.

Das Sturmjahr 1525 bezwingt den Klerus und ergänzt nun auch die 1515 geschehene Entrechtung der Stubenherren und deren Beugung unter die allgemeine Hut- und Wachtpflicht. Den Anlaß hiezu bieten die oberrheinischen Unruhen im Mai.

Die aus diesen Unruhen sich zu Basel in Sicherheit bringenden Edelleute waren Flüchtlinge, deren Gleichen Basel zu allen Zeiten ausgenommen hatte. Man ließ sie zunächst aufatmen. Bis man inne ward, daß dieser Menschengattung not tat, daran erinnert zu werden, von wessen Gunsten sie hier ruhig leben konnte. Man nahm sie in Eidespflicht. Alle diese vornehmen Gäste — der Freiherr von Mörsberg, die Eptinger zu Rhein Utenheim Münch Truchseß usw. — hatten als edle Hintersassen dem Rate zu schwören, daß sie ihm gehorsam sein, das Ungeld entrichten, Lieb und Leid mit der Stadt teilen, sich dem hiesigen Gericht unterziehen wollten.

Am 19. Juli sodann trat an die Stelle dieser Verpflichtung Einzelner die umfassende Regelung, anknüpfend an die seit Alters bestehenden Organisationen und Rechtsformen der Hohen Stube, des Bürgerrechts und des Hintersitzes. Sie stellte die Hut- und Wachtpflicht der unter diesen Formen begriffenen Herren fest; ihnen Allen wurde auferlegt, zu hüten und zu wachen und beim Alarmzeichen sich bewaffnet auf dem Markt einzufinden; doch war den hereingeflohenen und nicht zur Hohen Stube gehörenden Edeln freigestellt, die persönliche Dienstleistung durch Geldzahlung zu ersetzen.

Soweit dieser Beschluß die Stubenherren anging, schuf er bleibendes Recht. Die Reglementierung der Übrigen dagegen war etwas Ephemeres. Sie verließen Basel wieder, sobald sie konnten.

Wir sehen, wie diese Erlasse sämtlich dem einen Zweck einer Uniformierung der Einwohnerschaft dienen. „Alle Diejenigen, so in einer Ringmauer verschlossen und beschirmt werden und deshalb gleichen Nutzen an Schirm Leibes und Gutes empfangen, sollen auch gemeine und gleiche Bürde tragen und Hilfe tun.“

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/408&oldid=- (Version vom 1.8.2018)