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Hier nun, da Basel in kurzer Zeit eine Reihe kritischer Momente durchlebt hat, ist der Zustand dieses Staatswesens zu betrachten. Er zeigt sich uns in den mannigfaltigsten Äußerungen.

Zunächst noch hatte der Rat mit den Aufrührern in der Stadt abzurechnen. Das gleichzeitige Losbrechen der Empörung auf dem Lande und der Gedanke an einen Zusammenhang der beiden Aktionen steigert unverkennbar die Erregung. Den Bauern hat der Rat nachgeben müssen, um so entschiedener will er den Städtern seine Kraft zu fühlen geben.

Wer irgendwie verdächtig schien, wurde festgenommen; dann begannen die Verhöre und die Folterungen. Durch Wochen hin zog sich die Untersuchung. Zu Leibes- und Lebensstrafen kam es nicht; aber Mancher wurde für kürzere oder längere Zeit in der Stadt interniert, vom Besuche seiner Zunft ausgeschlossen, des Rechtes Waffen zu tragen beraubt. Der Hauptangeschuldigte Ulrich Leiderer hatte eine harte Inquisition auszuhalten und mußte dann vor dem Rate seine bösen Reden widerrufen. Scharf ging der Rat ins Gericht auch mit den paar Geistlichen, die am einen oder andern Aufruhre beteiligt gewesen waren. Der Schuldigste unter ihnen war jedenfalls Stör, als Verfasser des hochverräterischen „Mordbriefs“; er wurde von der Amnestie ausgeschlossen, sein Kaplan Sinckentaler bei Strafe des Schwertes verbannt; Bonifacius Wolfhart, dessen Verfehlung wir im Einzelnen nicht kennen, wurde schon am 7. Mai 1525 ausgeschafft.

Wir verstehen, daß eine so lange dauernde und so Viele treffende Untersuchung die Stadt nicht zur Ruhe kommen ließ. Auch des Geheimnisses wegen, das Alles umgab. Reflexe hievon finden wir in den so verschieden lautenden Erzählungen der Chronisten; da stellt der lutherisch Gesinnte die ganze Aufruhrsache als etwas Geringfügiges hin und tadelt die Grausamkeit der Machthaber, während die Altgläubigen von „lutherischer Verräterei“, von einem Umsturzplane der Gegenpartei reden, den nur das rasche Zugreifen des Rates zunichte gemacht habe.

An Unruhe und Gährung war überhaupt kein Mangel. Unausgesetzt störte der religiöse Streit das Leben. Und wie Vieles hatte die Stadt auch sonst noch durchzumachen. Die kargen Meldungen aus dem Stadthaushalte werden auch jetzt wieder zu lebendiger und farbiger Schilderung. Alle diese, Woche nach Woche, bis in den Winter hinein sich folgenden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/405&oldid=- (Version vom 1.8.2018)