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Brant ist noch immer der Hochverehrte. Wie Erasmus auf der Reise nach Basel 1514 durch die Straßburger Sodalen bewirket wird, ist ihm die größte Freude, als deren Haupt diesen Sebastian Brant zu sehen, den er liebt und der ihm außerhalb alles Gewohnten steht. Der Verfasser des Lobes der Narrheit begrüßt den Dichter des Narrenschiffes. Im August 1520 trifft er wieder mit ihm zusammen, in Antwerpen, anläßlich der Gesandtenreise Brants an den kaiserlichen Hof. Hie und da besucht Brant auch das ihm einst Heimat gewesene Basel. Der Rat erweist ihm bei solchen Gelegenheiten die offiziellen Ehren; er findet seinen Freund Bergman wieder; die Humanisten feiern ihn. Aber neben den jetzt Geltenden und Wirkenden macht er einen antiquierten Eindruck.

Das Gleiche gilt von seinem Genossen Jakob Wimpfeling. Er steht in wechselndem Scheine; bald ist er ehrwürdiger Herrscher der oberrheinischen Humanisten, bald überlebt müde und moros. Von Basel aus hat er einst gefochten wider die Schweizer und die liederlichen Kleriker. Auch dem alten Amerbach hat er bei den Editionen geholfen. Mit Leontorius ist er befreundet gewesen. Jetzt ist noch immer Bischof Christoph sein Patron und seine Zuflucht. Aber sonst besteht wenig Zusammenhang mehr. Seine mit Erasmus im September 1514 gewechselten Briefe begründen nicht Nachbarschaft und Verkehr; sie schließen vielmehr in fast monumentaler Weise eine Periode. Wimpfeling fühlt, daß andere Kräfte obenauf sind, daß die Zeit ihn überholt hat. Die Welt ekelt ihn. In Basel, dem Erasmus nahe, möchte er ausleben.

Das Elsaß von heut aber hat als Vertreter in Basel den Rhenanus. Hinter Diesem liegt das weite schöne Land, das so vertraute Gebiet mit seinen humanistischen Sodalitäten. Allenthalben leben die elsässischen „Besieger der Barbarei“, die mit den Baslern verbunden sind; sie bringen ihnen die Frische des Lebens, sie empfangen von ihnen Lehren und Ideen.

Eindrücklich vor Allem ist die Schlettstädter Gruppe, in der zu Ende des zweiten Jahrzehnts, anläßlich der Anwesenheit Rhenans, neues Leben erwacht. Mit dem gelehrtesten aller Äbte Paul Bolz, dem Erasmus die neue Ausgabe des Enchiridion widmet. Mit dem Büchersammler Martin Ergersheim. Mit den kräftigen Figuren Phrygio und Sapidus.

Paul Phrygio, ein Freund des Amerbachhauses, nach kurzer Tätigkeit an der Basler Universität und in Eichstätt 1518 zum Pfarrer in Schlettstadt gewählt, ist kein Jüngling mehr. Im ersten Auftreten verheißt er wenig; aber er offenbart sich, sobald er ins Reden gerät. Der humanistischen Sache mit demselben leidenschaftlichen Feuer hingegeben, das ihn sein Pamphlet wider das Papsttum schreiben läßt.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)