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Größer als diese Alle tritt jetzt Johannes Reuchlin wieder in die Nähe Amerbachs, mit dem er einst in Lehr- und Wanderjahren zusammen gewesen. Er sitzt in Stuttgart, als der Erste unter den Humanisten Deutschlands, und das Gefühl solchen Ruhmes wallet nun auch in seinen Beziehungen zu Amerbach. Dieser wünscht ihn als Helfer bei dem großen Unternehmen seiner letzten Jahre, der Edition des Hieronymus. Leontorius vermittelt, Reuchlin sagt zu, und bei einem Aufenthalt in Basel, im August 1510, wird die Sache beredet. Reuchlin scheint in der Karthause zu wohnen wo sein ehemaliger Zögling Hieronymus Zscheckabürlin Prior ist; dort findet zu seinen Ehren ein Bankett statt, an dem namens des Rates die Deputaten teilnehmen. Die Hauptsache jedoch ist der Verkehr mit Amerbach. „Wir lieben uns so, als wenn wir Knaben wären“, schreibt Reuchlin, „aber ich kann mit Aristophanes hinzusetzen: die Greise sind wie zwiefache Kinder“. Voll wahren Lebens sind die zahlreichen Briefe, die nun zwischen Stuttgart und Basel hin und her gehen. Ächt auch, daß die Freude des Beginns nicht anhält, daß Amerbach an den Leistungen Reuchlins allerhand auszusetzen hat und Dieser den Dienst am Hieronymus drückend findet. Schwatzereien Dritter und geschäftliche Verdrießlichkeiten kommen dazu; auch die Aufregung des nebenhergehenden Streites mit den Kölnern bewirkt schließlich, daß Reuchlin sich des Basler Geschäftes vor der Beendigung entledigt.

Wir wenden uns zum stilleren und kleineren Kreise Derjenigen, die nichts Andres sein sollen als gelehrte Helfer der Offizin; eine völlig mönchische Gesellschaft empfängt uns.

In der vordersten Reihe steht Augustin Dodo, Klosterherr von Sankt Leonhard in Basel. War er durch den dortigen Pfarrer Heynlin mit Amerbach zusammengebracht worden, oder trieb ihn die persönliche Verehrung seines Patrons? Jahre hindurch war er für die große, in Einzelausgaben schon 1489 begonnene amerbachische Edition der Werke Augustins tätig. Er reiste in Deutschland Italien und Frankreich herum und suchte Handschriften für die Ausgabe; er ließ Leute wie Wimpfeling für sie arbeiten; er besorgte Kastigierung und Kommentierung des Textes. Auf diesem Allem ruht sein Andenken; sonst wissen wir nichts von ihm. Auch war seine Fügung, rasch an der Pest wegzusterben, 1601, noch ehe das Werk, das sein Leben erfüllt hatte, beendet war.

An seine Stelle trat, von Amerbach gerufen, der gelehrte Franz Wiler, ehedem Barfüßer in Zabern, jetzt Lektor des Basler Konvents. Als ausgezeichneten Prediger, als Musiktheoretiker Komponisten und Dichter haben

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/159&oldid=- (Version vom 1.8.2018)