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die Schweizer; in seiner schulmeisterlichen Art erhob er sich gegen die Mönche und die sittenlosen Kleriker. Wer sich hiebei irgendwie getroffen fühlte, wurde sein Gegner. An seinen derben Streitschriften und an den Entgegnungen des Sambucellus, des apokryphen Franz Schätzer, des Predigerpriors Werner von Selden u. A. entzündete sich ein Hader, der über literarische Befehdung hinaus bis zur Handgreiflichkeit gehen konnte. Alles um die friedliche Gestalt Utenheims her, bei dem Wimpfeling immer wieder zu Besuche war, dem Dieser 1503 seine Schrift de concordia curatorum et medicantium widmete, in dessen Palaste zu Basel er das Büchlein über das schlechte Deutsch der Schwaben und die Vorrede zur großen Amerbachischen Bibelausgabe 1504 schrieb.

Aber uns beschäftigen andere Kämpfe. Wenn Christoph Statuten verfaßte und seinen Geistlichen aufs Gewissen band, so wirkte neben dem Streben nach Reform der Kirche ohne weiteres auch der Wille, die Privilegien des geistlichen Standes zur Geltung zu bringen und zugleich die alte bischöfliche Gewalt neu zu beleben. Stärkung dieser Gewalt erschien als das beste Mittel zur Besserung des kirchlichen Lebens überhaupt.

Auf dem Wege zu diesem Ziele stieß der Bischof notwendigerweise mit den weltlichen Herren zusammen.

Der Rat der Stadt hatte sich bei der Wahl Christophs, dann im Mai 1503 bei seinem Posseß durch Deputierte vertreten lassen. Er ehrte und beschenkte ihn bei seinem Einritt in Basel, bei seiner Consecration, dann Jahr um Jahr wenn er zu Ostern Pfingsten usw. im Münster celebrierte. Er ließ die Diözesanstatuten drucken, er lud den Bischof zur Fröhlichkeit des Fritschifestes. Aber abseits von Zeremonien und Höflichkeiten gab es harte Tatsachen, gab es formulierte Rechte, kraft deren jede der Parteien Ansprüche hatte, jeden Augenblick bereit, den alten Streit von Hochstift und Stadt wieder aufzunehmen.

Nach den kräftigen lauten herrischen Gestalten Venningens und Caspars erschien in Christoph eine Figur, die durch Manches an Arnold von Rotberg erinnerte. Aber wenn Milde Sittenreinheit Gelehrsamkeit Schönheit den Christoph auszeichneten und wenn er das gute Beispiel persönlichen Celebrierens am Altare bis ins hohe Alter gab, so waren das Tugenden des Mannes und des Priesters, nicht des Fürsten. Was eine solche Stellung forderte, zumal in dieser Zeit und zumal den energischen Herren des Capitels und dem Rate des eidgenössisch gewordenen Basel gegenüber, war bei Christoph kaum vorhanden. Er mochte in Einzelnem Geschäftsgewandtheit zeigen, zum Herrscher fehlte ihm die ruhige Festigkeit in sich selbst. Statt eines bestimmten

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Dritter Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1924, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_3.pdf/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)