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Wiederholung gehenden Nachahmung der Alten mühen sich die Humanisten um eine geläuterte Sprache, um klare Form, um Wohlklang, um Eloquenz. Es ist ein Antikisieren des Ausdrucks, bei dem diesen Gelehrten Briefschreibern und Poeten auch die antiken Begriffe und Bilder dienen müssen, und das uns zuweilen gleichwohl als eine Sprache wahren Gefühles tönt, zuweilen nur als ein Tändeln oder Prangen mit fremdem Schmuck. Wie ungleich sind auch Geschicklichkeit und Geschmack bei solcher Nachbildung. Derselbe Peter von Andlau, der entzückt der Schönheit alter lateinischer Poesie lauscht, fertigt 1460 die elenden Hexameter zur Eröffnung der Universitätsmatrikel. Bis in die Missiven der städtischen Kanzlei dringt das moderne Latein. Grabschriften wie diejenigen Arnolds von Rotberg oder Georgs von Andlau zeigen zwischen den nordisch-mittelalterlichen Formen und Bräuchen eingesprengt ein paar antike Ausdrücke, die fremdartig sind und dem Ganzen doch einen wundersamen Wohllaut geben. Auch sonst kommt die humanistische Sprachkunst kirchlichen Dingen zu Hilfe und stellt ganz unvermittelt neue Formen und Schönheiten oft in Fülle neben sie. Der sprödeste Traktat erhält seinen Aufputz durch die Beisteuer einer sapphischen Strophe; die Ausgabe der Konzilsdekrete durch Sebastian Brant muß ihr tönendes Elogium an Basel haben; die Synodalstatuten Christophs von Utenheim sind rings umgeben von Oden und Distichen, die zum herben Inhalte des Buches Klänge und Gedanken aus einer ganz andern Welt fügen, und zuletzt ruft der fromme Bischof selbst noch die Musen an.

Neben einem veredelten Latein kam durch den Humanismus auch die griechische Sprache nach Basel. Diese Studien waren hier prachtvoll vorbereitet durch die 1443 vom Predigerkloster erworbene griechische Bibliothek des Johann von Ragusa. Schon am Konzil waren Griechen hier gewesen, 1434 als Gesandte des Kaisers und des Patriarchen von Konstantinopel; der Untergang dieser Stadt und ihres Reiches 1453 brachte dann wiederholt in Flüchtlingen und Reisenden eine bisher unerreichbar fern gewesene, antike Welt nahe. Auch der gelehrte Andronikos Kontoblakas, der um die Mitte der 1470er Jahre in Basel den Johann Reuchlin Griechisch lehrte, wird ein solcher Gastfreund aus dem Osten gewesen sein. Ohne der Universität anzugehören, gab er hier diesen Unterricht. „Durch ihn genießt Basel den Ruhm, daß in seinen Mauern zum ersten Male wieder seit der Zeit der Ottonen ein Deutscher auf deutschem Boden Griechisch lernte.“

Der neben Kontoblakas und wie dieser als freier Lehrer in Basel lebende Wessel Gansfort war, wie schon erwähnt worden ist, gleichfalls des Griechischen und überdies des Hebräischen kundig.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 592. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/71&oldid=- (Version vom 4.8.2020)