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Zur Opposition der Kanonisten trat der erklärte Widerstand päpstlicher Gesetzgebung und Disziplin. Wiederholt mußte sich der Rat um die Zustimmung der Kurie dazu bemühen, daß auch Personen, welche die Weihen empfangen haben, das kaiserliche Recht hören und lesen dürften.

Nach dem Weggange der Italiäner trat dies Studium in Basel sehr zurück. Nur für wenige Jahre vermochte ihm der Rat wieder zu helfen durch die Berufung des Ulrich Kraft 1495. Er gewann diesen, der damals mit Erfolg in Freiburg dozierte, unter Zusicherung eines außergewöhnlich hohen Honorars.

Kraft mochte damals als einer der bedeutendsten Vertreter des kaiserlichen Rechtes gelten. Der Glanz italiänischen Doktorates haftete an ihm; Zasius pries ihn als den Ersten unter den Rechtslehrern Deutschlands. Das neue Ansehen, das seine Mitwirkung der Basler Universität gab, bewirkte sofort eine starke Zunahme der Studenten. Kraft erhielt auch eine Chorherrei zu St. Peter. Doch verließ er gleichzeitig mit dem Fachkollegen Sebastian Brant Basel im Jahre 1501, da er an die Stadtpfarrei seiner Heimat Ulm berufen war. Dort starb er 1516, neben dem Ruhme des großen Juristen denjenigen eines ernsten und eindringlichen Predigers hinterlassend.

Am allgemeinen Sinken der Universität nahm seit Krafts Weggang auch das juristische Studium teil. Die Lehrer dieser letzten Jahrzehnte – Hieronymus von Weiblingen, Wilhelm Grieb, Johann Tunsel, Arnold zum Luft, Jacob Göttisheim, Johann Heinrich Wenz usw. – brachten wenig Förderung.


Der Menge und dem häufigen Wechsel der juristischen Lehrer gegenüber erscheint in der medizinischen Fakultät Alles merkwürdig knapp und spärlich, dazu während langer Zeit von unverändertem Bestande. Charakteristisch ist hier auch die ausschließliche Herrschaft des Laienelementes.

Werner Wölfflin von Rotenburg, der sogleich 1460 die „meisterletze in der arznie“ d. h. die ordentliche medizinische Professur erhielt, blieb an dieser Stelle bis 1497/98. Neben ihm amtierte während der Jahre 1464–1468 Peter Luder, der es verstand, mit dem aufgeregten Humanistenleben die Tätigkeiten eines Fakultätsmitgliedes und eines Stadtarztes zu verbinden. Über Wölfflins Nachfolger Wonnecker, von dem noch zu reden sein wird, geht es rasch bis zur großen Gestalt des Paracelsus.

Aber das Wesen dieser Körperschaft wird, über Gelehrtentreiben und Persönliches hinaus, für uns bestimmt durch ihre Funktion im Dienste der Stadt, durch ihr entschieden formuliertes Verhältnis zur Praxis.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 582. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/61&oldid=- (Version vom 4.8.2020)