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zwischen Bern und Solothurn liegen. Handelte es sich hiebei um historische Interessen, so bei dem Buche nova practica, das der Rat 1454 schreiben und einbinden ließ, um Formular- oder Nachschlagebedürfnisse der Kanzlei. Außerdem beschäftigten natürlich die Schriften des Basler Konzils den Rat schon frühe. 1454 kaufte er einen Traktat des Enea Silvio über das Konzil, wobei wohl hauptsächlich das Konzil, aber auch der Autor der Schrift als ein Freund der Stadt und als moderner Stilmeister in Betracht kam. Auch 1469 suchte der Rat nach einem Konziliumbuch, das irgendwo verborgen liegen sollte, und 1472 kaufte er „etwas gesta von unserm concilium geschriben, so papa Pius von der statt Basel gemacht hat.“ Dazwischen fiel das Legat, durch das Johann von Segovia fünf Bände seiner Werke, darunter die Geschichte des Basler Konzils, dem Rate vermachte; im Dezember 1458 trafen diese Bücher in Basel ein; hauptsächlich auf sie beziehen sich dann jene wiederholten Einträge im Ratsbuche, die den bei den Barfüßern verwahrten Büchern gelten und die Frage behandeln, ob sie nicht ins Kollegiengebäude verbracht werden sollen.

Von der amtlich im Rathause betriebenen Historiographie ist schon die Rede gewesen. Zu ihr gehört, als ein durchaus modernes Produkt, auch die in den 1470er Jahren, gleichfalls bei der Kanzlei, entstandene Abhandlung über Ursprung und Name Basels; sie findet die Anfänge der Stadt bei den Römern.


Wichtig ist nun aber die gleichzeitige Erweiterung des städtischen Regierungswesens. Zur innern Festigung und Zusammenfassung tritt ein Begriff von Obrigkeit, der neue Gebiete verlangt und neue Grenzen steckt.

Zunächst ergeht sich diese Auffassung in einer intensiven Sittenpolizei.

Neben den kirchlichen Geboten hatten sich bis dahin die weltlichen Verordnungen im Wesentlichen auf den Bereich des Stadtfriedens beschränkt. Dann brachte das Konzil neue Zustände und andre Anschauungen. Unter seinem Einflusse, unter der Wirkung des auf Reform von Kirche und Menschheit dringenden Geistes überhaupt, berührt von der allgemeinen Entwickelung — wobei auch an die von Handwerk und Zünften herkommende strengere Auffassung der Ehrbarkeit zu denken ist —, gelangen jetzt Stadtbehörde und Stadtrecht zu neuen Begriffen. Wie die allgemeine Tendenz der kirchlichen Regeneration Forderungen stellt, so vertieft sich auch der Beruf der weltlichen Gewalt, und diese schafft Ordnungen, die über das Bisherige hinaus gehen, im Sinne sowohl einer ernstern Sittlichkeit

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 920. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/399&oldid=- (Version vom 4.8.2020)