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Ulrich Billung die Römergeschichten, den Äsop und die Meerfahrt; da und dort in den guten Häusern liest man den Ritter vom Turn; der uns wohlbekannte Mathis Eberler läßt sich 1464 durch einen Studenten, den Johann Lichtenstein aus München, eine Prachthandschrift der deutschen Bibel anfertigen.

Aber im Anschlusse hieran ist noch Andres zu nennen, das, in seiner Vereinzelung kleinlich erscheinend, doch Teil einer allgemeinen Gedankenwelt ist. Der Söldner Rolinger tauft einen seiner Knaben Patroclus; das Eheweib des Stubenknechts zum Seufzen, Erhärt Wiß, heißt Melusina; unter den Benützern der Karthausbibliothek sind neben Pfarrern Professoren u. dgl. auch Leute wie der Sohn des Bartscherers Kunz und der Tuchhändler Einfältig; Jener entleiht 1483 ein logisches Übungsbuch, Dieser 1487 eine Chronik der Basler Bischöfe u. dgl. m.

Zuweilen mag ja ein eitles Gebildetseinwollen sich breit machen in der Art der durch Brant verspotteten Büchernarren, und auch sonst ist bei der Laienbildung wohl viel Dilettantisches, viel Modewesen. Doch spüren wir auch deutlich die Einwirkungen des Humanismus, und im Allgemeinen lebt hinter allen diesen Bestrebungen unverkennbar etwas Edles und Erlesenes. Jedenfalls hat der ganze Vorgang eine hohe Bedeutung für die Stadt. Nur aus einer solchen, jedem Stande mitteilbaren höhern Gesinnung erwächst die Möglichkeit des Zustandekommens der Universität, nur auf ihr ruht die Alles überdauernde Eigenart und Auszeichnung Basels.


Zu einer Äußerung des neuen Geistes kommt es nun auch in der Geschichtschreibung.

Die Beschäftigung mit städtischer Geschichte ist lange Zeit nur Sache von Klerikern gewesen. Auch die hochbewegten Jahrzehnte zu Beginn des XIV. Jahrhunderts haben keiner lokalen Geschichtschreibung gerufen. Mathias von Neuenburg, der minoritische Chronist, der zu St. Leonhard sitzende Verfasser der oberrheinischen Chronik haben ihre großenteils reichs- und weltgeschichtlichen Bücher nicht aus weltlichen Anschauungen heraus geschrieben, sondern aus solchen des Hochstifts, des Ordens und des Klosters. Auch die verschiedenen annalistischen Darstellungen aus der spätern Zeit des XIV. Jahrhunderts sind gleich dem Alphabet der Erzählungen des Dominikaners Konrad von Waltikofen Werke von Geistlichen. Eine entschieden städtische Geschichtschreibung finden wir nur in Aufzeichnungen der Ratskanzlei, die aber nicht aus dem Streben nach Schaffung eines selbständigen stadtgeschichtlichen Ganzen geschehen, sondern rasche, unmittelbar nach dem

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 915. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/394&oldid=- (Version vom 4.8.2020)