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an Edelschmiedwerk, von dem mannigfaltigen Schmucke der Wohnungen, von der Harnischkammer und dem pompösen Schatze großer und bilderreicher Tapisserieen der Fröwler, von dem herrenmäßigen Hegen von Bären im Hause Zibol u. dgl. m.

Aber auch in Unfugen und Ausgelassenheiten finden sich die Kreise zusammen, die das äußere Treiben für ein Zeichen innerer Verwandtschaft halten. Hans Spitz steigt mit einem Freund ins Kloster Klingental; die Mißhandlung des ehrwürdigen Domherrn Konrad Elie von Laufen durch den Bruder des Erzpriesters von Tanneck wird durch Künzlin von Laufen u. A. mit den Waffen gerächt; in der adligen Trinkstube kommt es zu einer argen Schlägerei zwischen den Brüdern Sürlin und Werner Hans Münch usw. In Neid und Zank erhebt sich Geschlecht wider Geschlecht, und der 1407 vor Rat verhandelte große Zaubereiprozeß enthüllt ein Ganzes von Wahnglauben Verbrechen und wüster Unzucht, bei dem die besten Häuser der Stadt beteiligt sind. Die Stamlerin, die Frau des Bürgermeisters Bärenfels, Henmans von Leimen Frau, Hüglins von Laufen Frau, die Adelheid von Hohenfels usw. geben sich mit dem gräulichsten Zauberwesen ab, und überall handelt es sich dabei um ihre Liebesangelegenheiten, um das Bezaubern oder Vernichten ihrer Buhlen. Es ist dieselbe Zeit und dieselbe Gesellschaft, die sich uns auch mitteilt im Ehebruchsprozeß der Greda Münch, in der gegen den Ritter Rudolf von Schönau erhobenen Anklage wegen Päderastie, in der Giftmischerei der Brüder Stützenberg, in der Tollköpfigkeit des Konrad Sinz, die diesen Patrizierssohn und Ratsherrn zum Feinde der Stadt, ja zum Straßenräuber werden läßt.

In eindringlicher Weise stellt sich neben diese Korruption die Tatsache raschen Niedergehens von Geschlechtern. Der Glanz der Fröwler, durch wenige Jahrzehnte aufleuchtend, erlischt jäh mit dem Sturze des Oberstzunftmeisters Henman; die vor Kurzem noch so mächtig gewesenen Münch drohen auszusterben; die Hertenberg Kämmerer Zurkinden Marschalk Pfaff Vitztum Hagendorn vonBubendorf vonEschenz vonIsental vonSchauenburg vonFrick finden ihr Ende.

Die ganze Periode gibt den Eindruck des Gesteigerten und Maßlosen und einer starken Entwickelung, die zugleich Entartung sein kann. Öffentliches und privates Wesen haben die Eigenschaften des letzten Zustandes vor dem Ende oder vor gänzlicher Umgestaltung und Erneuerung.

Diesem Bilde gegenüber steht nun die all das Gesteigerte und Grelle übergehende, leicht stilisierte Schilderung der Stadt und ihrer Bewohner

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 898. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/377&oldid=- (Version vom 4.8.2020)