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ja gelegentlich geschmäht, von Chronisten mit scheuer Sorge als Vergewaltiger priesterlicher Macht und Freiheit betrachtet, trägt daneben dies Städtertum seine Waffen ins Burgundische so gut wie auf die Schlachtfelder des schwäbischen Städtebundes, ist es auf deutschen und wälschen Märkten heimisch, beherrscht und nützt es hier an diesem erlesenen Transitpunkte den großen zentraleuropäischen Handelszug. Wichtig aber ist vor Allem, wie es, im Zusammenschließen aller rein städtischen Elemente und unter der geschicktesten Anwendung der Kräfte, diese stürmische Zeit nicht nur durchzuhalten im Stande ist, sondern sich aus Gefahren Sorgen und Kämpfen als bleibenden hohen Gewinn die Stadtherrschaft und das Territorium zu holen vermag.

Eine außerordentliche Konzentration von Leistungen und Errungenschaften bezeichnet dergestalt diese Epoche. Aber dieselbe Kraft eines klugen Bürgertums, die zur politischen Herrschaft gelangt, bringt sich auch im Streite wider die Kirche und die geistliche Macht zur Geltung.

Auf verschiedenen Punkten sehen wir in dieser Zeit den städtischen Rat in den Machtbereich der Kirche eingreifen, das Vergabungswesen regeln, um die Klosterreformationen sich kümmern u. dgl. m. Er greift überall ein, wo das öffentliche Interesse eine Ordnung nach seiner Art nötig macht; er ist dabei auch Vertreter der mit manchen kirchlichen Dingen unzufriedenen Einwohner.

Die Abnahme der Donationen sogut wie die vielerlei Häresieen sind Zeugnisse einer unter diesen Städtern verbreiteten Gesinnung. Nicht nur ein speziell kirchliches Verdrossensein liegt zu Grunde. Die Entwickelung politischen Sinnes ist Eins mit geistigem Reifen und Mündigwerden überhaupt; das Erstarken der demokratischen Kraft geht für den Einzelnen zusammen mit der Gestaltung seines innern Verhältnisses zur Kirche, und so sind auch die in eben dieser Zeit aufkommenden freien und ganz profanen Privatschulen Äußerungen neuer Bedürfnisse des Laienvolkes, Geschöpfe eines allgemeiner werdenden Verlangens nach Wissen, Orte einer Bildung die außerhalb der Kirche erworben sein will.


Alles dies ist zum großen Teil eine Sache nur des bürgerlichen Basel. Wie z. B. die Konvente der Klöster immer plebejischer werden, so nimmt der Adel auch an der allgemeinen Umwandlung der städtischen Zustände nur wenig Teil.

Unwiderstehlich bezwingt ihn, in umfassender und alle Lebensverhältnisse treffender Weise, ein gleichsam naturgemäßer Verlauf und entfremdet ihn der Stadt.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 895. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/374&oldid=- (Version vom 4.8.2020)