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Hauptgegner einander in der erregtesten Hast suchten, gibt der Erscheinung dieses kurzen aber heftigen Kampfes ihre unvergleichliche Wirkung. Jetzt sehen wir den heiligen Vater die wahren und wirksamen Nuntiaturen bestellen, nachdem die Basler jenen ersten Boten Hugo von Landenberg unverrichteter Dinge und nicht ohne Spott hatten abziehen lassen. Und während diese Bevollmächtigten — die Kluniazenserprioren Peter von Kettenheim und Anton de la Roche, die Minoriten Antonius Gratiadei und Emerich von Kemel, der Bischof Angelus von Sessa — Einer nach dem Andern die Reise antraten und unterwegs waren, ließ zu Basel Andreas seine tönenden Manifeste in die Welt ausgehen. Schriftstücke von unerhörter Schonungslosigkeit und Schärfe der Rede. Was er da vorbrachte über den Verfall der Kirche und das Konzil als das einzige Heilmittel, mochte noch hingehen; dann aber wendet er sich voll Zornes an den heiligen Vater selbst. Nicht wider den Papst streitet Andreas, sondern gegen den zeitigen, ganz unwürdigen Inhaber dieses heiligen Amtes; nicht wider Sixtus IV., sondern gegen den Menschen Franz von Savona, diesen Sohn des Teufels, diesen Feind aller Gerechtigkeit, der zu seiner Würde nur durch Simonie gelangt ist, der mit Pfründen Wucher treibt, seine Nepoten bereichert, die Laster begünstigt, die Ablaßgelder verschwendet usw.

Es waren Beleidigungen eines Mannes, der solcher Aufreizung wahrlich nicht mehr bedurfte, sondern schon vorher seine Meinung über Andreas deutlich genug gesagt und namentlich auch seine Maßregeln getroffen hatte. Für Papst Sixtus war dieser Erzbischof von Granea nichts Anderes mehr als ein Ketzer Fälscher und Gotteslästerer, ein vom Leibe der Kirche getrenntes, unnützes und faules Glied, seiner Würden entsetzt und zu Strafe verurteilt. Schon im Mai hatte er dem Barfüßer Emerich von Kemel befohlen, sich um Festnahme des Andreas zu bemühen; dieser sollte in irgend einen Klosterkerker geworfen werden und nur Wasser und Brot, jeden Tag in kleineren Portionen, erhalten, bis er sein Verbrechen gebüßt habe.

Aber noch war Andreas frei, und das Verlangen des Papstes ging immerfort darauf, diesen Apostaten und Lästerer in seine Gewalt zu bekommen. Hiefür warb er unaufhörlich Häscher, gab er Aufträge an Burchard Stör, die Berner, den Erzherzog Sigmund usw.; hiefür sandte er die Nuntien an den Kaiserhof, vor Allem aber ins Basler Rathaus. Und als nun hier der Rat allen Drohungen und Mahnungen zum Trotz die Herausgabe verweigerte, folgten die Schläge, die nicht mehr den Andreas, sondern Basel trafen.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 877. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/356&oldid=- (Version vom 4.8.2020)