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Vorerst damit, daß sie nach dem Tode des Feldbacher Propstes Peter von Kettenheim seinen Nachfolger in der Propstei als päpstlichen Vikar Klingentals rekusierten und den Bischof Otto von Konstanz an diese Stelle beriefen. Papst Innocenz ließ diese Mißachtung eines Befehls seines Vorgängers „um des lieben Friedens willen“ hingehen; der Konstanzer Bischof aber, der auf diesem Wege wieder in frühere Rechte einzurücken glaubte, gab zum Danke den Schwestern die Vollmacht, ihre Beichtväter künftig frei aus Welt- oder Ordensgeistlichen zu wählen.

Was weiter hinzukam, war das Begehren nach einer Milderung der Statuten von 1483, und auch hierin willfahrte Innocenz den Frauen; seine Kommissäre erteilten den Frauen am 6. November 1492 eine neue Ordnung.

Alles Folgende ist natürliche Konsequenz. Wie der Bischof von Konstanz 1503 wider den anstößigen Wandel der Frauen einschreiten will, berufen sie sich auf Freiheit und Exemtion und führen Beschwerde über ihn bei Papst Julius. Aber dieser selbst hat zu klagen: im Klingental herrscht ein dissolutes Leben, lasterhaftes Volk geht dort ein und aus, einige der Nonnen haben Kinder geboren. Er will, daß dem Verderben der Seelen gewehrt, der öffentliche Skandal beseitigt werde, und gibt dem Bischof von Basel den Befehl, Visitation im Klingental zu halten und das Kloster an Haupt und Gliedern zu reformieren; der Rat der Stadt soll ihm dabei behilflich sein.

Aber die Frauen entgehen auch dieser Gefahr. Sie erklären das Breve des Papstes als ein von ihren Feinden trügerisch erschlichenes und appellieren an einen besser informierten Julius. Wiederum geht der Reformversuch unter in einem Streit um Formen Rechte und Obedienzen. Im Innern des Klosters spielen sich unterdessen die ärgerlichsten Händel ab; die Frauen werden exkommuniziert, dann absolviert; und nun kommt auch Kaiser Maximilian zum Wort. Er nennt sich obersten und einzigen Vogt des Klingentals, und die Frauen rufen ihn an als ihren Schirmherrn. Zuletzt bewilligt Papst Julius den Nonnen als Vertreter des ihnen unausstehlichen Konstanzer Bischofs einen Vikar aus dem Augustinerorden.

Auf diesen Mönch läuft also, nach so mächtigen Aufregungen und so heftigen Kämpfen, Alles hinaus. Er ist das Letzte, was die Kirche diesen Klingentalerinnen gegenüber noch behauptet.

Von Observanz, von Reform ist keine Rede. Die Frauen gehen Nachts aus dem Kloster und „wefern“ auf den Gassen hin und her. Wie der Rat deswegen die Oberinnen zur Rede stellt, wollen diese von nichts wissen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 839. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/318&oldid=- (Version vom 4.8.2020)