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den König von Frankreich richteten, blieben erfolglos. 1485 gab ihnen Christoph von Utenheim Unterkunft in dem ihm gehörenden Klostergebäude Obersteigen bei Zabern; 1507 wurden sie nach Gnadental im Konstanzer Bistum versetzt.

Während diese Vertriebenen umherirren, sehen wir im Klingental die Heimgekehrten sich wieder einrichten.

Zunächst unter den Bestimmungen über Zugehörigkeit, die am 30. Juni 1482 Papst Sixtus, am 9. März 1483 dessen Kommissäre aufstellten. Danach wurde Klingental, das bisher nur allgemein als der Augustinerregel unterworfen gegolten hatte, in genauerer Bezeichnung dem Orden der regulierten Augustinerchorherren zugeteilt. In Verbindung hiemit stand, daß die Frauen der Aufsicht und Leitung der Prediger enthoben und dafür unmittelbar unter den Papst gestellt wurden, der ihnen in der Person des Propstes von Feldbach einen Superintendenten oder Vikar gab. Auch ermächtigte er sie, ihre Beichtväter aus Benediktiner- oder Cluniacensermönchen zu wählen; doch wurden statt solcher dann Augustiner gebraucht.

Sorgsam und wortreich gaben die päpstlichen Kommissäre dem Kloster auch eine Ordnung. Sie entsprach dem, daß das Haus nun Chorfrauen von der Observanz enthielt. Aber in manchen ihrer Äußerungen lesen wir auch einen Hinweis auf das bisherige Klingentaler Leben. Die drei Gelübde werden mit Ernst neu verkündet, Klausur und Dormenterdisziplin geregelt; während der Fastnacht und andrer Freudenzeiten sollen die Frauen im Kloster bleiben und unter sich eine fröhliche Unterhaltung in Züchten haben; Messe und Stundengebet sind anständig zu begehen und kein störender Gesang, auch kein Lärm von Vögeln Hunden usw. im Chore zu dulden; auch haben die Chorfrauen beim Gottesdienst ein schwarzes Tuch nach Art weltlicher Kanonissen zu tragen; die Vorsteherin heißt nicht mehr Priorin, sondern Äbtisse.

Dergestalt, in der Art eines Klosters, nicht eines Kanonissenstiftes, aber mit mäßiger Strenge, wurde die Reformation geordnet. „Die Nonnen zogen die Predigerkutten aus und legten Augustinische an“, sagt Anshelm; und fährt fort, „daß sie dergestalt von der Prediger Reform entlediget unter geistlichem Namen und Kleid, aber in weltlichem Herzen nach Lust, nämlich von den Mönchen frei und ungenötigt blieben“.

Zu beachten ist die Unbefangenheit dieser Damen allen Vorschriften und dem ganzen Kongreß hoher und höchster Autoritäten gegenüber. Aus sich selbst, dann auch aus leisem und lautem Zuspruch ihrer Freunde nahmen sie die Kraft, mit der sie ihre Verhältnisse ganz nach eigenem Behagen einzurichten verstanden.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 838. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/317&oldid=- (Version vom 4.8.2020)