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Standbild über dem Grabe, um das jährlich an seinem Anniversartage die vier von ihm gestifteten ehernen Leuchter flammten.

Die letzte Periode der alten Stiftsgeschichte ist zunächst dadurch charakterisiert, daß das Kapitel seine Reorganisation fortsetzt. In zahlreichen Statuten bemüht es sich, Grundsätze stiftischen Lebens, die vergessen worden waren oder zu leicht genommen wurden, frisch zu formulieren. So 1487: um Sitz und Stimme im Kapitel zu erhalten, muß ein Chorherr zum mindesten Subdiakon sein. Im gleichen Jahre wird, wohl kaum ohne Seitenblicke auf die unregelmäßige Abkunft der Pröpste Ner und Wilhelmi, die Forderung ehelicher Geburt für Chorherren erneuert; es werden auch die Vorschriften über die Eintrittsgebühr und das Karenzjahr bestätigt. 1466 wird für Zuweisung der Chorherrenhäuser das Optionsverfahren eingeführt, 1488 in einer großen Urkunde die Summe der Rechte und Ordnungen zusammengefaßt. Die Aufhebung der Kustorei 1494 gehört gleichfalls zu diesen Reorganisationen, sowie die Schaffung des Amtes spezieller Archivverwalter 1487. Auch die Kapläne erhalten eine neue Reglementierung in der Ordnung von 1462 und in Verträgen von 1490 und 1509, die namentlich der Verteilung von Casualien und Zinsen gelten.

In die Reihe dieser neuen Schöpfung gehört nun auch die 1467 gegründete Fraternität der Chorherren und Kapläne. Gleich allen Bruderschaften war sie eine Anstalt zur Versicherung geistlicher Vorteile für den Todesfall. Das gestorbene Mitglied erhielt von den Überlebenden Grabgeleite und Totenmesse, die Begehung des siebenten und des dreißigsten Tages und die Jahrzeitfeier; überdies hatte es Teil an der jährlichen zum Seelenheil aller toten Brüder stattfindenden Gesamtmemorie. Auch Laien hatten Zutritt, und die Leistungen, mit denen sie die devocio der Kleriker unterstützten, bestanden in Gebeten und Opfern. Im Übrigen waren Bruderschaft und Stiftsklerus eins. Wer Chorherr oder Kaplan zu St. Peter war, wurde dadurch ohne Weiteres auch Mitglied der Bruderschaft. Hierin liegt die Erklärung ihres Entstehens gerade in diesem Momente. Sie erwuchs aus denselben Gedanken, die zu Reorganisationen des Stifts führten; sie sollte das ursprüngliche Wesen einer Gebets- und Gottesdienstgemeinschaft wieder aufleben lassen.

Einheit war durch ökonomische Interessen und persönliche Verhältnisse aller Art verdorben. Auch die, in ihrer Art hochwichtige und den alten Formen eine Fülle von Leben zuführende Einordnung des Stifts in die Universität war den ursprünglichen Tendenzen zuwider; sie bestimmte die Auswahl der Kanoniker nach Bedürfnissen, die außerhalb des Stifts lagen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 825. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/304&oldid=- (Version vom 4.8.2020)